Rz. 59
§ 8d KStG kann nur in Anspruch genommen werden, wenn zudem kein sog. schädliches Ereignis bis zum schädlichen Beteiligungserwerb (vorlaufender Beobachtungszeitraum) und in dem Zeitraum zwischen dem schädlichen Beteiligungserwerb und dem Ende des Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs eintritt (nachlaufender Beobachtungszeitraum). § 8d Abs. 1 S. 1 KStG definiert selbst nicht, was als schädliches Ereignis anzusehen ist. Die Regelung verweist dazu auf Abs. 2 der Norm, in der die schädlichen Ereignisse abschließend aufgezählt sind (vgl. zu den einzelnen Tatbeständen Rz. 93ff.). Zu beachten ist, dass nur auf die in § 8d Abs. 2 KStG aufgezählten schädlichen Ereignisse verwiesen wird. Es erfolgt keine Verwendung auf die gesamte Norm. Dies bedeutet auch, dass kein Verweis auf § 8d Abs. 1 S. 1 Hs. 2 KStG erfolgt, wonach die Verluste i. H. d. vorhandenen stillen Reserven nicht untergehen. Daher kommt diese Ausnahme im Rahmen des § 8d Abs. 1 KStG nicht zur Anwendung. Ein Grund dafür ist nicht ersichtlich.
3.3.1 Vorlaufender Beobachtungszeitraum
Rz. 60
Die Anwendung des § 8d Abs. 1 KStG erfordert gem. § 8d Abs. 1 S. 1 Hs 1 KStG, dass kein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 KStG vorliegt, und zwar für den Zeitraum seit Gründung bzw. seit Beginn des dritten Vz, der dem Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs vorangeht, also für denselben Zeitraum, für den auch ein identischer Geschäftsbetrieb vorliegen muss (zu diesem Zeitraum oben Rz. 49ff.).
3.3.2 Nachlaufender Beobachtungszeitraum
Rz. 61
Die Anwendung von § 8d KStG setzt aber nicht nur voraus, dass in dem vorangegangenen Vz kein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 KStG eintritt (vgl. zu dem vorlaufenden Beobachtungszeitraum Rz. 60), sondern erfordert auch, dass diese Voraussetzung für eine gewisse Zeit nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erfüllt ist. Damit wird der Beobachtungszeitraum für das Nichtvorliegen eines schädlichen Ereignisses im Vergleich zu dem Beobachtungszeitraum für einen identischen Geschäftsbetrieb verlängert.
Rz. 62
Der Gesetzestext sieht vor, dass diese Voraussetzung "in diesem (vorlaufenden Beobachtungs-) Zeitraum bis zum Schluss des Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs" erfüllt ist. Der Wortlaut wird so zu lesen sein, dass die Voraussetzung während des vorangehenden Beobachtungszeitraums und darüber hinaus bis zum Ende des Vz, in dem der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt ist, erfüllt sein muss. Der Vz "des schädlichen Beteiligungserwerbs" muss m. E. identisch sein mit dem Vz, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt, wie er in § 8d Abs. 1 S. 5, 6 KStG bezeichnet ist. Insofern gelten m. E. auch die gleichen Auslegungsüberlegungen. Gemeint ist in allen Fällen der Vz, in dem der schädliche Beteiligungserwerb steuerlich gem. § 8c KStG zu berücksichtigen wäre, wenn § 8d KStG nicht eingreift. Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr ist daher der Vz zu berücksichtigen, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr endet, in das der schädliche Beteiligungserwerb fällt. Zu einem Beispiel oben Rz. 55.
Rz. 63
Der Beobachtungszeitraum des § 8d Abs. 1 KStG endet mit Ablauf des Vz, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt; diese Regelung ist so auszulegen, dass der Vz gemeint ist, in dem der schädliche Beteiligungserwerb steuerlich zu erfassen ist. Diese Auslegung hat insbesondere bei abweichenden Wirtschaftsjahren Bedeutung. Ein schädliches Ereignis, das nach Ende dieses Vz eintritt, führt zwar nicht dazu, dass die Anwendung des § 8d Abs. 1 KStG ausgeschlossen ist; allerdings kommt es in einem solchen Fall gem. § 8d Abs. 2 KStG zu einem Untergang des fortführungsgebundenen Verlustvortrags.
Die A-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr, das zum 30.6. endet. Am 2.5.2017 kommt es zu einem schädlichen Anteilseignerwechsel. Zudem tritt am 1.11.2017 ein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 KStG ein.
Lösung
Der Vz des schädlichen Anteilseignerwechsels ist Vz 2017. Dieser endet am 30.6.2017. Das schädliche Ereignis tritt damit im Vz 2018 ein. Es können damit fortführungsgebundene Verluste entstehen, die auf das Ende des Vz 2017 gesondert festzustellen sind, die aber gem. § 8d Abs. 2 KStG untergehen.