Rz. 33

Strafrechtlich kann die verdeckte Gewinnausschüttung den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen. Strafbarer Tatbestand ist allerdings nicht die verdeckte Gewinnausschüttung an sich. Strafrechtlich maßgebend ist also nicht die Handlung, die zu der verdeckten Gewinnausschüttung führt, etwa der Abschluss eines Vertrages mit überhöhter Vergütung oder deren Zahlung. Diese Handlungen führen für sich allein noch nicht zu einer Steuerhinterziehung. Die strafbare Handlung liegt stattdessen darin, dass die verdeckte Gewinnausschüttung nicht zutreffend in der Steuererklärung erklärt wird.[1] Der Tatbestand der Steuerhinterziehung besteht in einer Verkürzung der Steuer und setzt damit eine Verminderung des Einkommens (als Bemessungsgrundlage der Steuer) voraus. Diese Verminderung des Einkommens auf nichtbetrieblicher, gesellschaftsrechtlicher Grundlage bildet den Tatbestand des § 8 Abs. 3 KStG. Der Tatbestand der Steuerverkürzung in den Fällen der verdeckten Gewinnausschüttung greift also unmittelbar auf § 8 Abs. 3 KStG zurück; das Strafrecht folgt insoweit dem Steuerrecht.[2]

Bei dem Gesellschafter kann die strafbare Steuerhinterziehung darin liegen, dass er die ihm zugeflossene verdeckte Gewinnausschüttung nicht in seiner Steuererklärung angibt.[3]

 

Rz. 33a

Außerdem kann die in der verdeckten Gewinnausschüttung liegende Vermögensminderung bzw. unterlassene Vermögensmehrung aufgrund der Vorteilsgewährung an einen Gesellschafter Untreue nach § 266 StGB sein.[4] Im Ergebnis ungeklärt ist jedoch, inwieweit die Kapitalgesellschaft als eigenständige Rechtsperson durch den Tatbestand der Untreue geschützt ist. Das hat Bedeutung für die Frage, ob der alleinige Gesellschafter Untreue zulasten der GmbH begehen kann. Die Tendenz in der strafrechtlichen Diskussion geht dahin, dass der Gesellschafter Anspruch auf den Gewinn der GmbH hat und daher keine Untreue begangen wird, wenn sich der Gesellschafter, in welcher Form auch immer, diesen Gewinn verschafft. Das gilt auch dann, wenn der tatsächliche Gewinn verschleiert wird, also steuerrechtlich eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Der Schutz der GmbH durch den Untreuetatbestand beginnt erst dort, wo die Handlung des Gesellschafters die Existenz der Kapitalgesellschaft gefährdet, z. B. durch Entzug des Stammkapitals oder der erforderlichen Liquidität.[5] Maßnahmen, die steuerlich verdeckte Gewinnausschüttungen sind, müssen daher nicht gleichzeitig strafbare Untreue sein.

[1] BGH v. 3.3.1993, 5 StR 546/92, BB 1993, 1930 m. Anm. Döllerer; BGH v. 24.5.2007, 5 StR 72/07, DStRE 2008, 169; BGH v. 6.9.2012, 1 StR 140/12, BFH/NV 2013, 147; BGH v. 1.12.2015, 1 StR 154/15, DB 2016, 2690, BFH/NV 2016, 525; Böcher, DB 1989, 999; Valbuena/Rennar, BB 2022, 2775.
[2] Merkt, BB 1991, 313.
[3] Valbuena/Rennar, BB 2022, 2775.
[4] BGH v. 29.5.1987, 3 StR 242/86, NJW 1988, 1397; Meilicke, BB 1988, 1261; Lipps, NJW 1989, 502; Reiß, StuW 1992, 233, 239.
[5] Gehrlein, NJW 2000, 1098 m. w. N.; Wagner/Hermann, BB 1999, 608.

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