Prof. Dr. Gerrit Frotscher
8.1 Zweck und Begriff der Rückabwicklung
Rz. 287
Angesichts der steuerlichen Belastungen, die eine verdeckte Gewinnausschüttung hervorruft, stellt sich die Frage, ob sie in der Weise rückabgewickelt werden kann, dass die steuerliche Belastung entfällt. Dabei kann es sich nicht um ein "Rückgängigmachen" handeln. Dieses liegt vor, wenn der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt mit Wirkung für die Vergangenheit, also rückwirkend, beseitigt wird. Ein solches "Rückgängigmachen" ist im Steuerrecht, und damit auch bei der verdeckten Gewinnausschüttung, nicht möglich. Eine rückwirkende und damit fiktive Änderung des Sachverhalts ist ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht zulässig.
Eine Rückabwicklung lässt dagegen die tatsächlich eingetretene Tatbestandsverwirklichung unberührt, versucht aber, durch neue, in die Zukunft wirkende Maßnahmen die steuerliche Belastung zu korrigieren. Die Rückabwicklung einer verdeckten Gewinnausschüttung würde also bedeuten, dass die steuerlichen Folgen aus der Verwirklichung des Tatbestands der verdeckten Gewinnausschüttung gezogen werden, gleichzeitig aber Maßnahmen ergriffen werden, die in der Zukunft die steuerlichen Folgen der verdeckten Gewinnausschüttung durch gegenläufige Folgen korrigieren.
Rz. 288
Keine Rückabwicklung i. d. S. liegt vor, wenn aufgrund der Vereinbarung, die der Vorteilsgewährung durch die Gesellschaft zugrunde liegt, vertragliche Rückforderungsansprüche entstehen. Diese Rückforderungsansprüche sind betrieblich veranlasst, wenn auch die Vereinbarung betrieblich veranlasst ist. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Hingabe eines Darlehens, die den Darlehensrückforderungsanspruch auslöst. Dieser Rückforderungsanspruch ist gleichzeitig mit der Darlehenshingabe zu aktivieren, sodass keine Einkommensminderung eintritt.
8.2 Rückabwicklung durch Aktivierung des Rückgewähranspruchs
Rz. 289
Die Rückabwicklung einer verdeckten Gewinnausschüttung in dem hier verstandenen Sinn liegt darin, dass der Gesellschafter den erhaltenen Vermögensvorteil auf die Gesellschaft zurück überträgt. Zu unterscheiden ist der Fall, in dem der Gesellschafter dies aufgrund eines zivilrechtlich bestehenden Rückgewähranspruchs tut, von dem Fall, indem der Vorteil ohne Verpflichtung zurückübertragen wird.
Eine solche Verpflichtung besteht bei der AG kraft Gesetzes, da hier nach § 57 AktG verdeckte Gewinnausschüttungen schlechthin verboten sind. Der begünstigte Gesellschafter ist kraft Gesetzes verpflichtet, den empfangenen Vorteil zurückzugewähren. Bei der GmbH besteht ein entsprechender Rechtsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter nur insoweit, als durch die verdeckte Gewinnausschüttung das Stammkapital der Gesellschaft beeinträchtigt wurde. Soweit dies nicht der Fall ist, besteht keine gesetzliche Rückgewährverpflichtung. Der gesetzliche Rückgewähranspruch besteht auch, soweit eine nahe stehende Person begünstigt worden ist. In diesem Fall ist die nahe stehende Person rückgewährpflichtig. Rückforderungsansprüche bei der GmbH infolge der verdeckten Gewinnausschüttung können auch aus einem Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Gesellschafter, durch einen Verstoß gegen die Kompetenzordnung der Gesellschaft oder durch einen Verstoß gegen die allgemeinen Treuepflichten entstehen (vgl. Rz. 15ff.).
Rz. 290
In den Fällen, in denen kein gesetzlicher Rückgewähranspruch besteht, kann eine entsprechende Satzungsklausel eingreifen, wonach der begünstigte Gesellschafter zur Rückzahlung eines aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung außerhalb des Gewinnverteilungsbeschlusses erhaltenen Vorteils verpflichtet ist. Durch eine solche Satzungsklausel kann bei der GmbH die gleiche Rechtslage hergestellt werden wie bei der AG. Sie kann auch außerhalb der steuerlichen Wirkungen sinnvoll sein, um die Begünstigung eines Gesellschafters zulasten der anderen Gesellschafter zu korrigieren.
Die Satzungsklausel kann, wenn sie ernsthaft vereinbart und tatsächlich auch durchgeführt wird, steuerlich schon deshalb nicht beanstandet werden, weil sie lediglich bezweckt, die GmbH in diesem Bereich der AG gleichzustellen. Sie begegnet in der hier vorgeschlagenen Form nicht den Bedenken, die gegen Steuerklauseln vorgebracht werden.
Eine Steuerklausel liegt vor, wenn die Parteien einem Rechtsgeschäft die Bedingung beifügen, es solle nur wirksam sein, wenn die von den Parteien gemeinsam unterstellten steuerlichen Wirkungen auch tatsächlich eintreten oder nicht eintreten; sollte die Finanzverwaltung aus dem Geschäft ungünstigere steuerliche Folgerungen ziehen, solle es unwirksam sein. Eine solche auflösende Bedingung, bei der eine bestimmte Besteuerung zur Bedingung für eine andere Besteuerung gemacht wird, kann steuerlich keine Wirkung haben, da sie gegen das steuerliche Rückwirkungsverbot verstößt.
Eine Satzungsklausel liegt dagegen vor, wenn die Satzung einer Kapitalgesellschaft eine Bestimmung enthält, die die Gewährung von verdeckten Gewinnausschüttungen untersagt und den Empfänger (Gesellschafter) zur Rückgewähr verpflichtet. Diese Klaus...