Rz. 64

Auch bezüglich des Postulats der rechtsformneutralen Besteuerung (vgl. Rz. 23) haben die verschiedenen Körperschaftsteuersysteme unterschiedliche Wirkungen.

Das klassische System mit der damit verbundenen Doppelbelastung genügt diesem Postulat nicht. Die Doppelbelastung führt zu einer gegenüber dem Einzelunternehmer bzw. der Personengesellschaft unterschiedlichen Besteuerung. Auch die verschiedenen Milderungsformen der Doppelbelastung führen allenfalls zufällig zu einer rechtsformneutralen Besteuerung. Ob die Gewinne einer Körperschaft insgesamt höher, geringer oder gleich belastet werden wie die von einem Einzelunternehmen bzw. einer Personengesellschaft erzielten Gewinne, kann nicht generell entschieden werden, sondern hängt von dem jeweiligen Einzelfall ab.[1] Das gilt auch für das Teileinkünfteverfahren.

 

Rz. 65

Das Anrechnungsverfahren führte bei Ausschüttung zu einer Gesamtbelastung in Höhe des persönlichen Steuersatzes des Gesellschafters und damit zu einer Steuerbelastung, die der Steuerbelastung eines Einzelunternehmens bzw. bei Beteiligung an einer Personengesellschaft entsprach. Bei Ausschüttung entsprach das Anrechnungsverfahren daher dem Postulat der rechtsformunabhängigen Besteuerung. Anders war es aber bei Thesaurierung: Bei der Körperschaft betrug die Steuerbelastung den Tarifsteuersatz, also einen im Gesetz festgelegten und damit für alle Körperschaften gleichen Steuersatz, während die Thesaurierung bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen mit dem persönlichen Steuersatz des Gesellschafters bzw. Einzelunternehmers belastet war. Die Thesaurierung war also nicht rechtsformneutral belastet.

 

Rz. 66

Zu einer rechtsformneutralen Besteuerung führt die Teilhabersteuer, weil bei ihr die Gewinne der Körperschaft im Ergebnis wie bei einer Personengesellschaft bzw. einem Einzelunternehmer belastet sind. Aus praktischen Gründen ist die Teilhabersteuer bisher aber nicht verwirklicht worden.

Davon abgesehen, war das Anrechnungsverfahren dasjenige Verfahren, das dem Postulat der rechtsformneutralen Besteuerung am nächsten kam. Seine Aufgabe und die Rückkehr zu einem klassischen System stellt daher aus systematischer Sicht einen Rückschritt dar.

[1] Drüen, GmbHR 2008, 393, 396.

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