Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
Rz. 127
Wesentlich anders ist jedoch die Besteuerung, wenn die Dividendeneinkünfte außerhalb einer inländischen Betriebsstätte bezogen werden. Auch dies gilt wiederum sowohl für natürliche Personen als auch für Körperschaften als beschränkt steuerpflichtige Anteilseigner. In diesem Fall kommt es nach § 50 Abs. 2 S. 1 EStG nicht zu einer Veranlagung der Dividendeneinkünfte. Die Folge ist, dass die KapESt Abgeltungswirkung erlangt und definitiv wird. Zusätzlich unterliegen die Kapitaleinkünfte mit dem vollen Betrag der KapESt, weil das Teileinkünfteverfahren insoweit nach § 43 Abs. 1 S. 3 EStG nicht anwendbar ist. Die Dividendeneinkünfte sind dann mit 25 % KapESt auf die volle Bemessungsgrundlage ohne Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten belastet, während die Belastung im Teileinkünfteverfahren bei einem Steuersatz von 40 % nur 24 % der um Betriebsausgaben oder Werbungskosten geminderten Gewinnausschüttung betragen würde. Bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften beträgt die Steuerbelastung 15 %, weil zwei Fünftel der KapESt nach § 44a Abs. 9 EStG erstattet werden. Auch hier sind Betriebsausgaben nicht zu berücksichtigen.
Rz. 128
Systematisch ist diese Folge schwer verständlich. Nach § 3 Nr. 40 EStG unterliegen nur 60 % der Bemessungsgrundlage der Steuer, wobei zusätzlich 60 % der Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können. Dies gilt grundsätzlich auch im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Ist der Anteilseigner eine Körperschaft, unterliegt sogar die gesamte Dividende nach § 8b Abs. 1, 4 KStG nicht der KSt, und damit auch nicht der beschränkten Steuerpflicht. Durch die KapESt wird also eine Belastung auf Einkünfte (genauer: Einnahmen) hergestellt, die nicht in dieser Höhe bzw. überhaupt nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die Begründung hierfür (vgl. § 8b KStG Rz. 93) ist mehr formal und überzeugt nicht. Tatsächlich wird zulasten der beschränkt Steuerpflichtigen ein "Sonderrecht" für Dividendeneinkünfte geschaffen, indem nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegende Einkünfte als Einnahmen der definitiven KapESt unterworfen werden. Es ist schwer verständlich, worin die Berechtigung dafür liegen soll, nur bei Dividendeneinkünften die steuerliche Belastung auf Besteuerungsgrundlagen auszudehnen, die an sich nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Ohne ausreichende sachliche Gründe ist die Regelung als Verstoß gegen Art. 3 GG verfassungswidrig. Das ist insbesondere bei Körperschaften als Anteilseigner der Fall, weil hier der Sache nach die steuerliche Entlastung nach § 8b Abs. 1, 4 KStG nur für beschränkt Steuerpflichtige rückgängig gemacht wird, und dies auch nur für den Fall, dass die Ausschüttung nicht in eine inländische Betriebsstätte erfolgt. Beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen werden dagegen i. d. R. lediglich derselben (Spitzen-) Belastung unterworfen wie inländische Anteilseigner aufgrund des Teileinkünfteverfahrens; dies dürfte aus verfassungsrechtlicher Sicht noch vertretbar sein.