Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
1 Systematik der KSt
1.1 KSt als ESt der Körperschaften
Rz. 1
Systematische Vorüberlegungen dienen nicht allein der systematischen Ordnung der Materie. Die Unternehmensbesteuerung ist in Deutschland traditionell und aktuell rechtsformabhängig ausgestaltet (Rz. 23ff.). Die KSt ist die Steuer vom Einkommen der Körperschaften. Körperschaften, insbesondere juristische Personen, verdanken ihre Existenz und ihre Rechtsmacht allein dem positiven Recht. Aufgrund des Trennungsprinzips als Strukturprinzip (Rz. 15) gelten für Körperschaften und ihre Anteilseigner (mindestens) zwei Besteuerungsebenen. Der Gesetzgeber trägt der Besteuerung auf mehreren Ebenen als Kardinalunterschied zur Besteuerung von Personenunternehmen durch verschiedene Vorschriften Rechnung. Bei der Auslegung der besonderen Vorschriften des KStG wie z. B. § 8b KStG und § 8c KStG vermag der systematische Kontext durchaus erhellende Argumente für Detailfragen des geltenden Rechts in Abgrenzung zu alternativen legislatorische Lösungsmodellen (Rz. 80ff.) zu liefern. Insoweit dient die nachfolgende "Einführung in das Körperschaftsteuersystem" nicht nur akademischen Interessen, sondern ihr kommt bei grundlegenden Auslegungsfragen des Körperschaftsteuerrechts punktuell rechtspraktische Bedeutung zu.
Rz. 2
Die KSt ist die Steuer vom Einkommen der Körperschaften. Die Steuerart entspricht damit der ESt der natürlichen Personen. Die KSt erfasst das Einkommen der im KStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Dazu gehören Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen sowie Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (zu den einzelnen Körperschaftsteuersubjekten vgl. § 1 KStG Rz. 13ff.).
ESt und KSt werden in subjektiver Hinsicht durch § 1 Abs. 1 EStG und § 1 Abs. 1 KStG voneinander abgegrenzt. Nach § 1 Abs. 1 EStG unterliegen der ESt nur natürliche Personen, nicht Körperschaften; umgekehrt unterliegen der KSt nach § 1 Abs. 1 KStG nur Körperschaften. Zwischen KSt und ESt gilt personale strikte Alternativität: Ein Steuersubjekt kann nur einer beiden Steuern unterliegen.
Rz. 3
Während die Abgrenzung zwischen natürlichen und juristischen Personen eindeutig ist, kann dies bei der Unterscheidung zwischen Körperschaften, die keine juristischen Personen sind, und Personengemeinschaften (Personengesellschaften) schwierig sein. Es ist eine Abgrenzung erforderlich zwischen Personenvereinigungen, die als selbstständige Steuerrechtssubjekte der KSt unterliegen (Verbandspersonen) gegenüber Personenvereinigungen, die steuerlich kein Rechtssubjekt sind, sondern bei denen die Besteuerungsgrundlagen bei den dahinterstehenden Personen erfasst werden (Personenverbände).
Rz. 4
Die Rechtsfähigkeit ist zwar der Ausgangspunkt der Abgrenzung (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 KStG), aber kein ausreichendes Abgrenzungsmerkmal, weil der KSt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG auch nichtrechtsfähige Vereinigungen unterliegen. Maßgebend ist, ob eine körperschaftliche Struktur vorliegt (§ 1 KStG Rz. 5). Die notwendige Abgrenzung von körperschaftsteuerpflichtigen Personenvereinigungen von Personenverbänden, deren Mitglieder unmittelbar der ESt unterliegen, trifft § 3 (§ 3 KStG Rz. 4ff.).
Rz. 5
Körperschaften als Subjekte der KSt sind (nicht natürliche) Personen. Ebenso wie bei der ESt ist die Steuerpflicht der Körperschaften persönlich definiert. Konstituierend für die Steuerpflicht sind daher personenbezogene Elemente. Diese Elemente müssen der Körperschaft als Person zugerechnet werden können. Die Steuerpflicht wird daher nicht durch das Vorliegen eines sachlichen Steuersubstrats definiert. Besteuert werden nicht bestimmte sachliche Steuersubstrate (wie z. B. ein Grundstück bei der GrSt), sondern Personen, denen diese Substrate steuerlich zugerechnet werden. Die KSt ist daher eine Personensteuer, und zwar eine Besitzsteuer.
Rz. 6
Ein wesentlicher Unterschied zur ESt ergibt sich aber daraus, dass bei einer Körperschaft nicht im gleichen Umfang "persönliche" Verhältnisse wie bei einer natürlichen Person die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Rz. 5) konstituieren. Die ESt soll die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Menschen erfassen. Während die ESt bei der natürlichen Person eine Steuer auf die Einkommenserzielung ist, bei der in erheblichem Umfang auch Elemente der Einkommensverwendung (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastung, Freibeträge) berücksichtigt werden, ist das bei der KSt nicht der Fall. Eine Körperschaft hat i. d. R. nur eine Sphäre der Einkommenserzielung ("betriebliche Sphäre"), keine Privatsphäre, aus der den Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen ähnliche Aufwendungen erwachsen könnten (vgl. § 8 KStG Rz. 53ff.). Damit kann sich bei Körperschaften die Frage der Abgrenzung der Einkunfts- von der Privatsphäre nicht stellen. Eine dem § 12 EStG entsprechende Vorschrift ist folglich überflüssig. An die Stelle der Abgrenzung zwischen E...