Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, Elisabeth Wöhrle
3.1 Allgemeines
Rz. 72
Das UmwStG 2006 ist nur anwendbar, wenn die Voraussetzungen des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereichs erfüllt sind. § 1 Abs. 1 bis 4 UmwStG differenzieren nach dem sachlichen und den persönlichen Anwendungsbereich. Fehlen die Voraussetzungen, ist die Umwandlung nicht steuerneutral, auch wenn die übrigen Tatbestandsmerkmale der §§ 3ff. UmwStG erfüllt sind. Vor einer Umwandlung muss daher zuerst die Anwendbarkeit des UmwStG anhand des § 1 UmwStG geprüft werden. Ist das UmwStG danach anwendbar, können sich Einschränkungen für eine steuerneutrale Umwandlung aus den Voraussetzungen nach §§ 3, 11, 15, 20 und 24 UmwStG ergeben. Ist das UmwStG in sachlicher und/oder persönlicher Hinsicht nicht anwendbar, richten sich die Folgen der Umwandlung nach den allgemeinen Vorschriften. Die Umwandlung wirkt dann regelmäßig gewinnrealisierend (Rz. 33ff.). Der Bewertungsmaßstab ist für diese Fälle gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. U. E. ist dann der Teilwert anzusetzen, weil es sich um eine Betriebsübertragung im Ganzen handelt. Denkbar wäre es auch, in Analogie zu § 6 Abs. 6 EStG den gemeinen Wert anzusetzen.
Rz. 73
Außerhalb des UmwStG enthält lediglich § 12 Abs. 2 KStG a. F. eine Regelung, die in begrenztem Umfang gewinnneutrale Verschmelzungen im Verhältnis zwischen übertragendem und übernehmendem Rechtsträger außerhalb des UmwStG zulässt. Für die Gesellschafter gilt dann § 13 UmwStG entsprechend. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (sog. KöMoG; s. Rz. 32ff.) wurde § 12 Abs. 2 KStG aufgehoben, weil dieser in das UmwStG integriert wurde.
Rz. 74
§ 1 UmwStG unterscheidet hinsichtlich des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereichs zwischen Umwandlungen i. e. S. nach den §§ 3ff. UmwStG, Verschmelzungen nach den §§ 11ff. UmwStG und Spaltungen nach § 15 UmwStG einerseits sowie Einbringungen nach den §§ 20ff. UmwStG andererseits. Umwandlungen nach den §§ 3ff. UmwStG, Verschmelzungen und Spaltungen unterliegen weitgehend denselben Regelungen, sodass das Gesetz in großem Umfang von Verweisungen Gebrauch macht. Einbringungen nach den §§ 20ff. UmwStG sind nicht in gleichem Maße homogen geregelt. So bestehen zwischen den Voraussetzungen und den Rechtswirkungen der Sacheinbringung nach § 20 UmwStG, dem Anteilstausch nach § 21 UmwStG und der Einbringung in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG deutliche Unterschiede. Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt in der Unterscheidung zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Umwandlungen.
3.2 In- und ausländische Umwandlungen
Rz. 75
Eine inl. Umwandlung liegt vor, wenn der übertragende und der übernehmende Rechtsträger ihren Sitz i. S. d. § 1 Abs. 1 UmwG im Inland haben. Diesen "Sitz" definiert das anzuwendende Gesellschaftsstatut. Eine inl. Umwandlung liegt daher vor, wenn der übernehmende und der übertragende Rechtsträger nach deutschem Gesellschaftsrecht gegründet worden sind und damit ihren statutarischen Sitz im Inland haben. Bei einer Personengesellschaft ist der Sitz der Hauptverwaltung, bei einer natürlichen Person der Wohnsitz nach § 7 BGB maßgebend. Nur auf diese Umwandlungen ist das UmwG anwendbar. Regelmäßig wird unbeschränkte Steuerpflicht vorliegen. Ansässigkeit nach einem DBA ist demgegenüber nicht entscheidend. Ebenfalls nicht entscheidend ist, wo das übergehende Vermögen belegen ist. Daher kann auch eine Umwandlung, die eine im Ausland belegene Betriebsstätte betrifft, eine "inl. Umwandlung" sein.
Rz. 76
Eine ausl. (grenzüberschreitende) Umwandlung liegt demgegenüber vor, wenn der übertragende Rechtsträger oder der übernehmende Rechtsträger oder beide nach ausl. Recht gegründet worden sind und ihren statutarischen Sitz im Ausland haben. Ob sie im Inland, etwa wegen einer inl. Geschäftsleitung, unbeschränkt steuerpflichtig sind, ist ohne Bedeutung. Bei einer Personengesellschaft kommt es auf den Ort der Geschäftsleitung, bei einer natürlichen Person auf den Wohnsitz im Ausland an. Diese Umwandlungen unterliegen unternehmensrechtlich regelmäßig nicht dem deutschen UmwG, sondern den entsprechenden ausl. Regeln. Eine Ausnahme besteht für eine grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 122a UmwG, an der neben einem inl. Rechtsträger mindestens ein Rechtsträger dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der EU oder des EWR unterliegt. Ob der Ausschluss EU- und EWR-ausl. Rechtsträger von Umwandlungen mit steuerlichem Übertragungsstichtag vor dem 1.1.2022 nach innerstaatlichem Recht, abgesehen von der Verschmelzung, europarechtlich gerechtfertigt werden kann, ist fraglich. Der EuGH hat jedenfalls einen grenzüberschreitenden Formwechsel zugelassen. Für das UmwG ergibt sich hieraus Anpassungsbedarf; diese neue Rspr. des EuGH ist jedoch noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Der deutsche Gesetzgeber muss bis 31.1.2023 die neu gefasste Richtlinie RL 2019/2121/EU umsetzen. In die...