2.1 Überblick
Rz. 42
§ 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG enthält die Grundregel, das gesamte übergehende Vermögen (einschließlich unentgeltlich erworbener oder selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter) in der steuerlichen Übertragungsbilanz (die "steuerliche Schlussbilanz") mit dem gemeinen Wert anzusetzen; nur Pensionsrückstellungen sind gem. § 11 Abs. 1 S. 2 UmwStG mit dem Teilwert nach § 6a EStG zu berücksichtigen.
Als Ausnahme, die in der praktischen Anwendung aber die Regel ist, lässt § 11 Abs. 2 S. 1 UmwStG auf Antrag den Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem Buch- oder einem höheren Zwischenwert (begrenzt auf den gemeinen Wert) zu, soweit
- sichergestellt ist, dass sie bei der übernehmenden Körperschaft einer KSt-Besteuerung unterliegen (Nr. 1),
- das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich eines Gewinns aus ihrer Veräußerung bei der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (Nr. 2) und
- keine Gegenleistung gewährt wird bzw. diese nur in Gesellschaftsrechten besteht (Nr. 3).
§ 11 Abs. 2 S. 2, 3 UmwStG ordnet dabei für den Fall der Abwärtsverschmelzung Besonderheiten für die Bewertung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft an. Schließlich regelt § 11 Abs. 3 UmwStG Frist und Empfangszuständigkeit für den Antrag sowie eine fiktive Steueranrechnung im Fall der grenzüberschreitenden Hinausverschmelzung einer inl. Körperschaft mit EU-ausl. Betriebsstätte.
Rz. 42a
Ein aus dem Ansatz des gemeinen Werts oder eines Zwischenwerts resultierender Übertragungsgewinn unterliegt bei der übertragenden Körperschaft nach allgemeinen Regeln der KSt und über § 19 Abs. 1 UmwStG der GewSt (zur Ermittlung Rz. 192ff.).
2.2 Steuerliche Schlussbilanz
2.2.1 Handelsrechtliche Schlussbilanz
Rz. 42b
Inl. übertragende Körperschaften müssen sowohl bei inl. Verschmelzungen (§ 2 UmwG) als auch bei grenzüberschreitenden Hinausverschmelzungen (§ 122a UmwG) der Handelsregisteranmeldung eine Schlussbilanz beifügen (§ 17 Abs. 2 UmwG). Diese ist in entsprechender Anwendung der Vorschriften über den Jahresabschluss (§§ 238ff. HGB, also grds. unter Fortführung der handelsrechtlichen Buchwerte, d. h. ohne Aufdeckung stiller Reserven; ein Ansatzwahlrecht besteht nicht) auf einen Stichtag aufzustellen, der höchstens acht Monate vor Anmeldung liegt. In der Praxis fällt die Wahl aus Zeit- und Kostengründen oftmals auf den letzten regulären Bilanzstichtag. Eine separate Schlussbilanz ist somit nur erforderlich, wenn die Achtmonatsfrist nicht eingehalten oder ein vom regulären Bilanzstichtag abweichender Stichtag gewählt wird. Nach der wohl h. M. geht der Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz dem im Verschmelzungsvertrag zu bestimmenden (handelsrechtlichen) Verschmelzungsstichtag – von dem an die Handlungen der übertragenden Körperschaft als für Rechnung der übernehmenden Körperschaft vorgenommen gelten (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG) – zwingend unmittelbar voraus; dann bestimmt die Wahl des Verschmelzungsstichtags (z. B. 1.1.02, 0.00 Uhr) zwingend den Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz (im Bspl. dann 31.12.01, 24.00 Uhr).
2.2.2 Steuerliche Schlussbilanz: Rechtsnatur, Aufstellungsstichtag, Verhältnis zur regulären Steuerbilanz
Rz. 43
Von der handelsrechtlichen Schlussbilanz zu unterscheiden ist die Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft nach § 11 UmwStG (die steuerliche Schlussbilanz – zu erstellen i. d. R. von der übernehmenden Körperschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin). Die steuerliche Schlussbilanz erfasst das gesamte übergehende Vermögen (zu den Einzelheiten Rz. 54ff., Rz. 170ff., Rz. 173ff.) und dient damit insbes. der Ermittlung eines Übertragungsgewinns sowie korrespondierend der Übernahmebilanzierung bei der übernehmenden Körperschaft. Sie ist nach Verwaltungsauffassung eine eigenständige Bilanz, für die von §§ 238ff. HGB (und damit auch von § 17 Abs. 2 S. 2 UmwG) und §§ 5ff. EStG abweichende Ansatz- und Bewertungsvorschriften gelten (letzteres umstritten, Rz. 68f.). Es existiert keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Schlussbilanz. Die steuerliche Schlussbilanz steht damit insbes. eigenständig neben der regulären Steuerbilanz i. S. d. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG.
Rz. 43a
Aufstellungsstichtag ist der steuerliche Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 UmwStG). Dieser ist zwingend identisch mit dem Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz (Rz. 42b). Mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags endet die Ertragsteuerpflicht der übertragenden Körperschaft und damit a...