2.3.2.1 Allgemeines
Rz. 71
Für die Ermittlung des gemeinen Werts ist auf die Vorschriften des BewG zurückzugreifen. Dies gilt auch, wenn es sich um eine nach ausl. Handelsrecht bewirkte Verschmelzung handelt (s. a. Rz. 44a f., Rz. 56a). Bewertungsstichtag ist der steuerliche Übertragungsstichtag.
Rz. 72
Der gemeine Wert eines Wirtschaftsguts bestimmt sich gem. § 9 Abs. 2 BewG nach dem Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach seiner Beschaffenheit bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Weil bei der Verschmelzung das gesamte Vermögen der übertragenden auf die übernehmende Körperschaft übergeht, erfolgt die Bewertung nicht bezogen auf jedes einzelne Wirtschaftsgut, sondern auf seine Sachgesamtheit, d. h. als Unternehmensbewertung unter Anwendung der Vorschriften zur Betriebsvermögensbewertung (§§ 109 Abs. 1 S. 2, 11 Abs. 2 BewG, Rz. 78ff.). Wurden dabei Pensionsverpflichtungen mit ihrem gemeinen Wert in Abzug gebracht, ist nach Verwaltungsauffassung der Unternehmenswert um die Differenz zu ihrem § 6a EStG-Wert zu erhöhen (Rz. 82). Anschließend ist der nach oben korrigierte "gemeine Wert der Sachgesamtheit i. S. d. § 11 Abs. 1 UmwStG" auf die einzelnen übergehenden Wirtschaftsgüter zu verteilen (Rz. 83ff.).
Rz. 73–77 einstweilen frei
2.3.2.2 Ausgangspunkt: Unternehmenswert
Rz. 78
Nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG ist der gemeine Wert der übergehenden Sachgesamtheit vorrangig aus etwaigen Fremdverkäufen innerhalb des letzten Jahrs vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag abzuleiten, wobei hierfür der (Ver-)Kauf der Anteile an der übertragenden Körperschaft genügt. Dies kann etwa relevant sein, wenn eine Kapitalgesellschaft erworben wird und das erworbene Geschäft anschließend durch Verschmelzung der erworbenen Gesellschaft in die eigene Unternehmensgruppe integriert werden soll. Wurden die Anteile nur indirekt erworben (als Teil einer Unternehmensgruppe durch Erwerb der Obergesellschafts-Anteile), sollte sich der gemeine Wert der nämlichen Gesellschaft m. E. aus einer zwischen Verkäufer und Käufer der Obergesellschafts-Anteile vereinbarten Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Gruppengesellschaften ableiten lassen dürfen, vorausgesetzt diese ist nachweisbar sachgerecht ermittelt worden.
Rz. 79
Ist der gemeine Wert der übergehenden Sachgesamtheit nicht aus solchen Verkäufen ableitbar, kann er anhand eines allgemein anerkannten ertragswert- oder zahlungsstromorientierten Verfahrens zur Unternehmensbewertung ermittelt werden (§ 11 Abs. 2 S. 2 BewG). Dabei fließen insbes. auch stille Lasten (mindernd) ein. In der Praxis kommt der Unternehmensbewertung nach IDW S 1 besondere Bedeutung zu.
Über § 11 Abs. 2 S. 4 BewG besteht auch die kostengünstigere Möglichkeit, die Sachgesamtheit mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199ff. BewG) zu bewerten, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (§ 199 Abs. 2 BewG). Ein abschließender Kriterienkatalog besteht insoweit nicht; insbes. bei "komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen" lehnt die Finanzverwaltung das vereinfachte Ertragswertverfahren ab.
Jenseits dieser Fallgruppe kann der Stpfl. unter den anerkannten Bewertungsmethoden somit frei wählen (s. aber Rz. 81). Die einzelnen Bewertungsmethoden können zu beachtlich unterschiedlichen Ergebnissen führen, selbst innerhalb derselben Bewertungsmethode. Ist das zugrunde liegende Wertgutachten methodisch korrekt angefertigt worden (was bei einem externen Gutachter i. d. R. der Fall sein sollte), sollte das FA das Ergebnis in aller Regel anerkennen.
Rz. 80
Sind bei ausl. Verschmelzungen im Inland nur einzelne Wirtschaftsgüter steuerverstrickt (z. B. ein Grundstück), sollte man allerdings eine Einzelbewertung ausreichen lassen.
Rz. 81
Wertuntergrenze bildet nach h. M. der Substanzwert, d. h. die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der Schulden und sonstigen Abzüge (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG). Diese Begrenzung gilt nicht, wenn der gemeine Wert aus Fremdverkäufen abgeleitet wurde. M. E. steht der Ansatz des Substanzwerts in gewissem Widerspruch zum breit akzeptierten Ansatz eines passiven Ausgleichspostens (Rz. 85).