Rz. 191

Laufende KSt- und GewSt-liche Verluste und Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft gehen wegen §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 S. 2, 19 Abs. 2 UmwStG nicht auf die übernehmende Körperschaft über.[1] Um diese Verlustpositionen noch zu nutzen, kann es steuerlich sinnvoll sein, durch den Ansatz des gemeinen Werts oder eines Zwischenwerts einen damit verrechenbaren Übertragungsgewinn (= Teil des laufenden Gewinns, Rz. 192) zu erzeugen; dadurch wird gleichzeitig faktisch unversteuertes Aufstockungs- (und damit Abschreibungs-)volumen auf Ebene der übernehmenden Körperschaft geschaffen.[2]

Alternativ kann auch eine schädliche Gegenleistung i. S. d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG gewährt werden, um einen faktischen Zwischenwertansatz herbeizuführen (Rz. 154, Rz. 163ff.).

 

Rz. 191a

Voll mit dem Übertragungsgewinn verrechnet werden kann aber nur der laufende Verlust des Vz, in den der steuerliche Übertragungsstichtag fällt. Dieser kann sich bei einem bisher vom Kj. abweichenden Wj. (z. B. 1.2. bis 31.1.) und einem dem Wj.-Ende nachfolgenden steuerlichen Übertragungsstichtag noch im selben Kj. (z. B. 31.12.) auf einen Zeitraum von bis zu 23 Monaten erstrecken.[3] Ein Verlustvortrag kann nur nach Maßgabe der Mindestbesteuerung (§ 10d EStG, § 10a GewStG) berücksichtigt werden.[4] Bei den Überlegungen spielt insbes. der Barwert der künftigen Steuervorteile aufgrund des höheren Abschreibungsvolumens eine Rolle.[5]

Zudem ist in beiden Fällen § 2 Abs. 4 S. 1 UmwStG zu beachten.[6]

 

Rz. 191b

Bei der Suche nach einem "passgenauen" Zwischenwert ist zu beachten, dass KSt- und GewSt-licher Verlust/Verlustvortrag i. d. R. voneinander abweichen und sich die maßgeblichen Verlustvorträge aufgrund von Betriebsprüfungen noch ändern können (s. a. Rz. 93).[7]

 

Rz. 191c

Alternativ könnte erwogen werden, die Verschmelzungsrichtung zu ändern, d. h. auf die Verlustgesellschaft zu verschmelzen. In diesem Fall gehen die Verluste und Verlustvorträge grds. nicht unter, zu beachten ist aber § 8c KStG.[8] Zudem ist § 2 Abs. 4 S. 3ff. UmwStG zu berücksichtigen. Ebenfalls denkbar sind Vorabveräußerungen einzelner Wirtschaftsgüter an die übernehmende Körperschaft vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag, um stille Reserven zu heben.[9]

 

Rz. 191d

Werden stille Reserven in einem übergehenden Mitunternehmeranteil aufgedeckt, kann der dadurch entstehende Übertragungsgewinn durch einen verrechenbaren Verlust i. S. d. § 15a EStG gemindert werden.[10]

[2] Schneider, in Beck’sches StB-Handbuch 2021/22, Kapitel Q Rz. 135.
[3] Rengers, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 7 KStG Rz. 45; Stalbold, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 7 KStG Rz. 51.
[4] Zur möglichen Verfassungswidrigkeit eines endgültigen Verlustuntergangs vgl. Vorlagebeschluss des BFH v. 26.2.2014, I R 59/12, BFH/NV 2014, 1674 (Az. beim BVerfG 2 BvL 19/14).
[5] Kahle/Hiller/Vogel, FR 2012, 789, 798.
[7] Ausführlich Schießl, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 11 UmwStG Rz. 62.
[8] Schneider, in Beck’sches StB-Handbuch 2021/22, Kapitel Q Rz. 159; s. a. BMF v. 28.11.2017, IV C 2 – S 2745-a/09/10002, BStBl I 2017, 1645, Rz. 7. Zur Frage des Gestaltungsmissbrauchs für Vz vor Geltung des § 2 Abs. 4 UmwStG BFH v. 17.11.2020, I R 2/18, BFH/NV 2021, 1043. Weiter § 12 UmwStG Rz. 92b f.
[9] Hummel, in Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 74.
[10] Rödder, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 11 UmwStG Rz. 207; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 11 UmwStG Rz. 154.

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