Elisabeth Wöhrle, Dr. Magnus Bleifeld
Rz. 291
Eine nicht steuerneutrale Spaltung liegt vor, wenn mindestens eine der Voraussetzungen für die Steuerneutralität fehlt (z. B. Teilbetriebsvoraussetzung; verunglückte Spaltung). Die Rechtsfolgen des Fehlens der Voraussetzungen des § 15 UmwStG haben sich durch das SEStEG geändert. Unter dem UmwStG 1995 traten die gleichen Rechtsfolgen der nicht steuerneutralen Spaltung ein, unabhängig von dem Grund der fehlenden Steuerneutralität.
Auf Gesellschaftsebene wurden alle stillen Reserven in dem übertragenen Vermögen aufgedeckt. Im Falle der Aufspaltung wurde dies damit begründet, dass insoweit von einer Sachauskehr i. R. einer Liquidation (§ 11 KStG) auszugehen sei, bei der Abspaltung hingegen von einer Sachausschüttung; in beiden Fällen waren die gemeinen Werte auf Gesellschaftsebene anzusetzen (§ 9 BewG).
Die Sachauskehr (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 17 Abs. 4 EStG) bzw. Sachausschüttung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) war entsprechend auf Gesellschafterebene zu versteuern. Der Sachauskehr bzw. Sachausschüttung folgte eine (ertragsneutrale) Einlage durch den Anteilseigener des übertragenenden Rechtsträgers in den übernehmenden Rechtsträger nach (mit entsprechender Anschaffungskostenerhöhung).
Rz. 291a
Unter Geltung des SEStEG ist zu differenzieren:
- Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG nicht vor (z. B. keine handelsrechtlich wirksame Spaltung, Drittstaatenspaltung oder keine dem deutschen UmwG vergleichbare ausländische Spaltungsmaßnahme) gelten die §§ 11-13 UmwStG nicht. Daher ist insoweit die zum UmwStG 1995 beschriebene Rechtsfolge maßgeblich.
- Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 2 UmwStG nicht vor (Teilbetriebsvoraussetzung), kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven sowohl in dem übertragenen Vermögen (§ 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 UmwStG, Gesellschaftsebene) als auch (anteilig) in den Anteilen am übertragenden Rechtsträger (§ 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 UmwStG, Gesellschafterebene).
- Bei der Aufspaltung gilt der gesamte Anteil an der übertragenden Körperschaft als veräußert, bei der Abspaltung gilt der Anteil als zu dem Teil veräußert, der bei Zugrundelegung des gemeinen Werts dem übertragenen Teil des Betriebsvermögens entspricht.
- Der Gewinn auf Gesellschaftsebene ist als laufender Gewinn nach den allgemeinen Regeln körperschafts- und gewerbesteuerpflichtig,
- insbesondere ist auch § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden, soweit Kapitalgesellschaftsanteile abgespalten worden sind.
- Der Gewinn auf Gesellschafterebene ist in § 13 Abs. 1 UmwStG ausdrücklich als Veräußerungsgewinn benannt. Im Gegensatz zur Rechtslage unter dem UmwStG 1995 wird auf Gesellschafterebene die Sachauskehr/Sachausschüttung also durch eine Veräußerung der Anteile an dem übertragenden Rechtsträger ersetzt. Durch die i. R.d. SEStEG angepasste Regelungstechnik sind §§ 11-13 UmwStG – mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 UmwStG – auch anwendbar, wenn die Teilbetriebsvoraussetzungen nicht vorliegen.
- Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 UmwStG nicht vor, wird nur § 11 Abs. 2 UmwStG für nicht anwendbar erklärt, d. h. nur auf Gesellschaftsebene kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven, nicht aber auf Gesellschafterebene.
Rz. 292
Bei der Abspaltung werden in dem zurückbleibenden Teilbetrieb die stillen Reserven nicht aufgedeckt (Rz. 121). Insofern ist es bei der Planung einer Abspaltung aus Vorsichtsgründen ggf. empfehlenswert, als abzuspaltenden Teilbetrieb denjenigen mit den geringeren stillen Reserven zu wählen.