Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 94
Die Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe bestimmen sich nach den allgemeinen Grundsätzen zu § 16 EStG. Die Betriebsaufgabe erfordert eine Willensentscheidung oder Handlung des Stpfl., die darauf gerichtet ist, den Betrieb als selbstständigen Organismus nicht mehr in seiner bisherigen Form bestehen zu lassen. Eine Betriebsaufgabe im Ganzen setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang entweder in das Privatvermögen überführt oder an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden. Im Zuge der Betriebsaufgabe müssen die stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt werden. Mit der Betriebsaufgabe wird die bisherige Tätigkeit endgültig eingestellt. Die mit dem Betrieb und dessen wesentlichen Betriebsgrundlagen ausgeübte Tätigkeit muss enden. Der Betrieb hört infolge der Betriebsaufgabe auf, ein selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu sein.
Rz. 95
Als Betriebsaufgabe i. d. S. ist auch die Betriebsaufgabe im Rahmen einer Betriebsverpachtung nach § 16 Abs. 3b EStG anzusehen. Gleiches gilt bei einer Entstrickung nach § 16 Abs. 3a EStG. Ebenfalls zu einer Betriebsaufgabe führt die verdeckte Einlage eines Betriebs oder Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft (Rz. 93a). Bei einer verdeckten Einlage in eine Personengesellschaft gilt dagegen § 6 Abs. 3 EStG (Rz. 93a).
Rz. 96
Eine Betriebsaufgabe kann auch dann in Betracht kommen, wenn der Stpfl. einen neuen Betrieb gründet. Voraussetzung ist allerdings, dass der bisher geführte betriebliche Organismus aufhört zu bestehen und sich der neue Betrieb in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht von dem bisherigen Betrieb unterscheidet. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann auch ein branchengleicher Betrieb ein neuer Betrieb i. d. S. sein. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt noch nicht zu einer Betriebsaufgabe.
Rz. 97
Entnahmen von einzelnen Wirtschaftsgütern stellen keine Betriebsaufgabe dar, sofern damit keine Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs verbunden ist. Werden allerdings in dem Zeitraum von 5 Jahren sukzessiv Wirtschaftsgüter entnommen und führt dies zu einer Betriebsaufgabe, ist § 18 Abs. 3 UmwStG bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen anwendbar.
Rz. 98
Die aufgezeigten Grundsätze gelten auch bei der Aufgabe eines der selbstständigen Arbeit oder eines der Land- und Forstwirtschaft dienenden Betriebs. Für die GewSt-Pflicht nach § 18 Abs. 3 UmwStG ist entscheidend, ob die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe vorliegen. Fehlt es daran, unterliegt der entstehende Gewinn nicht der GewSt.
Rz. 99
Anwendung finden kann § 18 Abs. 3 UmwStG auch in den Fällen der Realteilung. Bei einer nach der Umwandlung stattfindenden steuerneutralen Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 2 EStG entsteht kein Gewinn i. S. d. § 18 Abs. 3 UmwStG. Es handelt sich insoweit um einen unentgeltlichen Vorgang. Der das Vermögen übernehmende Gesellschafter tritt in die Rechtsstellung der übernehmenden Personengesellschaft ein und führt damit die noch verbleibende Frist von 5 Jahren fort. Erfolgt dagegen eine Realteilung gegen Zahlung eines Spitzen- oder Wertausgleichs an die anderen Gesellschafter, gilt hinsichtlich des dadurch entstehenden Gewinns § 18 Abs. 3 UmwStG. Etwaige Gewinnrealisierungen nach § 16 Abs. 3 S. 3, 4 bzw. Abs. 5 EStG führen ebenfalls zur Anwendung von § 18 Abs. 3 UmwStG, da die Realteilung eine Betriebsaufgabe darstellt.