Rz. 184
Grundsätzlich ist der gemeine Wert anzusetzen. Gemäß § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit eines Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der gemeine Wert umfasst grundsätzlich auch einen Gewinnaufschlag.
Rz. 185
Mit dem Ansatz des gemeinen Werts sind sämtliche in dem eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven aufzudecken. Laut Gesetzesbegründung soll der gemeine Wert des eingebrachten Betriebsvermögens auch selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, z. B. den originären Firmenwert, umfassen. Gegen den Ansatz auch des Firmenwerts mit dem gemeinen Wert kann zwar eingewandt werden, dass die von § 9 Abs. 2 BewG vorausgesetzte selbstständige Veräußerbarkeit des Firmenwerts nicht möglich ist. Allerdings spricht der Gesetzeswortlaut vom gemeinen Wert des (gesamten) eingebrachten Betriebsvermögens, sodass danach und auch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes davon ausgegangen werden muss, dass der Ansatz auch des Firmenwerts mit dem gemeinen Wert vom Gesetz her gedeckt ist.
Ein negativer Firmenwert wäre auf das übrige eingebrachte Betriebsvermögen zu verteilen, sodass das übrige eingebrachte Betriebsvermögen nur mit seinem gemeinen Wert abzüglich des negativen Firmenwerts anzusetzen wäre. Soweit die in dem übrigen eingebrachten Betriebsvermögen ruhenden stillen (positiven) Reserven betragsmäßig geringer sein sollten als der (negative) Firmenwert, müssten die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens sogar wohl abgestockt werden.
Rz. 186
Der Firmenwert ist auch bei der Einbringung eines Teilbetriebs zum gemeinen Wert anzusetzen. Denn für einen Teilbetrieb kann ein Gesamtwert unter Berücksichtigung der Gewinnaussichten und damit auch ein Firmenwert ermittelt werden, weil ein Teilbetrieb als lebensfähige Einheit übertragen werden kann.
Rz. 187
Auch bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils wird man davon auszugehen haben, dass ein anteiliger Firmenwert zu berücksichtigen ist, da der Mitunternehmeranteil die gesamthänderische Mitberechtigung an allen Wirtschaftsgütern des gesamten Betriebs verkörpert.
Rz. 188
Sollten zu dem eingebrachten Betriebsvermögen auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft gehören, so ist der gemeine Wert der eingebrachten Anteile nicht durch Anwendung des Stuttgarter Verfahrens zu ermitteln. Der gemeine Wert von Anteilen ist nach § 11 BewG zu bestimmen. Zur Ermittlung des gemeinen Werts sind vorrangig Käufe bzw. Verkäufe heranzuziehen, weil § 11 Abs. 2 S. 1 BewG insoweit lex specialis ist. Voraussetzung ist jedoch, dass Verkäufe vorliegen, die im Besteuerungszeitpunkt weniger als ein Jahr zurückliegen und die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt worden sind. Liegen solche Vorgänge nicht vor, so ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde.
Allerdings hält der BFH auch die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens für zulässig, soweit es nicht aus besonderen Gründen zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.
Rz. 189
Auch steuerfreie Rücklagen, z. B. für Ersatzbeschaffung nach § 6b EStG, sind aufzulösen, sofern sie sonst auf die übernehmende Gesellschaft übergehen würden.
Rz. 190
Für die Ermittlung des gemeinen Werts sind die Verhältnisse zum steuerlichen Übertragungsstichtag maßgeblich, also ggf. zu einem zurückbezogenen Zeitpunkt.
Rz. 191
Stellt sich bei einer späteren Betriebsprüfung heraus, dass die übernehmende Gesellschaft die gemeinen Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat, so sind die Bilanzwerte im Rahmen der Änderungsvorschriften zu berichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein ausdrücklicher Antrag auf Ansatz eines niedrigeren Werts gestellt wurde und auch die Bilanz selbst keine Anhaltspunkte für einen konkludenten Antrag enthält. Wenn die Werte dagegen offenkundig unter dem gemeinen Wert liegen, ist wohl von einer Einbringung zu Zwischenwerten auszugehen, soweit man der Auffassung folgt, dass ein offenkundiger Ansatz zu einem Zwischenwert als Antrag i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG zu werten ist (vgl. Rz. 245).
Rz. 192
Setzt die übernehmende Gesellschaft den gemeinen Wert an, so erhält sie regelmäßig ein erhöhtes AfA-Volumen. Beim Einbringenden entsteht regelmäßig ein Veräußerungsgewinn, für den eine natürliche Person als Einbringender nach § 20 Abs. 4 UmwStG i. V. m. den §§ 16 Abs. 4 EStG u. 34 Abs. 1 u. 3 EStG ggf. einen Freibetrag und einen ermäßigten Steuertarif in Anspruch nehmen kann.
Rz. 193
Bei der Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven durch den Ansatz des gemeinen Werts sind die neuen Anteile nicht sperrfristverhaftet, und es brauchen deshalb nicht die besonde...