Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 12
Abs. 1 S. 2 enthält eine Ausnahme von der Wertverknüpfung. Wird eine steuerbefreite Körperschaft als übertragende Körperschaft mit einer steuerpflichtigen Körperschaft verschmolzen, und setzt die übertragende Körperschaft in der Verschmelzungsbilanz die Buchwerte an, würde eine Wertverknüpfung bedeuten, dass die in der Zeit der Steuerbefreiung gebildeten stillen Reserven durch die Verschmelzung in die Steuerpflicht einbezogen werden. Das ist unzweckmäßig und widerspricht auch dem Prinzip des § 13 Abs. 1 KStG. Um die Steuerverhaftung der während der steuerbefreiten Zeit gebildeten stillen Reserven bei der übernehmenden Körperschaft zu vermeiden, bestimmt § 12 Abs. 1 S. 2 UmwG, dass in diesen Fällen die Wertverknüpfung nicht gilt. In der Bilanz der übernehmenden steuerpflichtigen Körperschaft können daher die übernommenen Wirtschaftsgüter auch dann mit dem Teilwert angesetzt werden, wenn sie in der Verschmelzungsbilanz der übertragenden steuerbefreiten Körperschaft mit Buch- oder Zwischenwerten angesetzt wurden.
Rz. 13
Die gesetzliche Regelung ist, gemessen an ihrem Zweck, zu weit und daher einengend zu interpretieren. Das Problem der Einbeziehung bei der übertragenden Körperschaft steuerfrei gebildeter stiller Reserven in die Steuerverhaftung bei der übernehmenden Körperschaft besteht nur, wenn die Wirtschaftsgüter, in denen stille Reserven liegen, bei der übertragenden Körperschaft tatsächlich zum steuerbefreiten Bereich gehört hatten. Ist das nicht der Fall, weil die Wirtschaftsgüter etwa zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der übertragenden Körperschaft gehörten, ist die Durchbrechung des Prinzips der Wertverknüpfung nicht gerechtfertigt. Die stillen Reserven waren vor der Verschmelzung bei der übertragenden Körperschaft steuerverhaftet; diese Steuerverhaftung darf durch die Verschmelzung nicht gelöst werden. Für die Wirtschaftsgüter des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gilt daher das Prinzip der Wertverknüpfung uneingeschränkt, sie sind bei der übernehmenden Körperschaft mit dem in der Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft angesetzten Wert anzusetzen. Die Ausnahme von dem Prinzip der Buchwertverknüpfung nach Abs. 1 S. 2 gilt daher nur für solche Wirtschaftsgüter, die bei der übertragenden Körperschaft zum steuerfreien Bereich gehört hatten.
Rz. 14
Die Regelung des Abs. 1 S. 2 ist unnötig; die Wertverknüpfung würde auch bei einer steuerbefreiten, übertragenden Körperschaft keine unüberwindlichen Probleme bereiten. Diese steuerbefreite Körperschaft könnte, wie es dem Prinzip des § 13 Abs. 1 KStG entspricht, in der Verschmelzungsbilanz die Teilwerte für die Wirtschaftsgüter des steuerbefreiten Bereichs ansetzen; für Wirtschaftsgüter des steuerpflichtigen Bereichs (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) könnten die Buchwerte fortgeführt werden. Der dadurch bei der übertragenden Körperschaft entstehende Gewinn wäre im steuerfreien Bereich angefallen und daher steuerfrei. Insgesamt könnte dann die Wertverknüpfung greifen, ohne Probleme zu bereiten.