Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 81
§ 12 Abs. 4 S. 1 regelt die Frage, wie Abschreibungen zu berechnen sind, wenn die übertragende Körperschaft in der Verschmelzungsbilanz die Wirtschaftsgüter mit dem Teil- oder Zwischenwert angesetzt hat, durch Verweis auf § 4 Abs. 3. Das EStG unterscheidet zwischen der Abschreibung nach § 7 Abs. 4 S. 1, Abs. 5 EStG für Gebäude und der Abschreibung nach § 7 Abs. 1, 2 EStG für sonstige Wirtschaftsgüter (Einzelheiten vgl. § 4 Rz. 19ff.).
Rz. 82
Für die Fortführung der degressiven und der linearen Abschreibung von Gebäuden bestimmt § 4 Abs. 3, dass Ausgangspunkt der Abschreibungen die bisherigen Bemessungsgrundlagen (also die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten) sind, vermehrt um die Beträge, um die die Buchwerte aufgestockt worden sind (Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem in der Übertragungsbilanz angesetzten Wert für das jeweilige Wirtschaftsgut). Die Aufstockungswerte werden also nicht dem im steuerlichen Übertragungsstichtag vorhandenen Buchwert, sondern den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten hinzugefügt. Für diese neue Bemessungsgrundlage gelten die Abschreibungssätze des § 7 Abs. 4, 5 EStG, so dass auch bei Aufstockung der Buchwerte keine anderen Abschreibungssätze angewendet werden können. Eine Werterhöhung kann also nicht zur Erhöhung der Abschreibungssätze führen, sondern verlängert notwendig die Abschreibungsdauer. Mit diesen Abschreibungssätzen sind die Abschreibungen bis zur Vollabschreibung fortzuführen.
Rz. 83
Für die Abschreibung aller anderen Wirtschaftsgüter ist die Bemessungsgrundlage der Buchwert der übertragenden Körperschaft vor der Verschmelzung, zuzüglich der Aufstockungswerte (Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und dem Wert, mit dem die Wirtschaftsgüter bei der übertragenden Körperschaft in der steuerlichen Schlussbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag angesetzt worden sind). Diese Bemessungsgrundlage ist auf die Restnutzungsdauer der Wirtschaftsgüter nach der gewählten Abschreibungsmethode zu verteilen; die Restnutzungsdauer ist anlässlich der Verschmelzung neu zu schätzen. Dies ist die Folge davon, dass § 7 Abs. 1, 2 EStG nicht die Abschreibungssätze festlegt, sondern die Abschreibungsdauer (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer). Bei einer Werterhöhung, die nicht mit einer Verlängerung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer verbunden ist, kann sich die Abschreibungsdauer also nicht verlängern; notwendigerweise müssen sich damit die jährlichen Abschreibungsbeträge erhöhen.