Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 24
§ 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG verweist für die Ermittlung eines Übernahmegewinns oder -verlusts auf der Ebene der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person auf die §§ 4 bis 6 UmwStG. Ein Übernahmegewinn ergibt sich bei einer gewerblichen Personengesellschaft nach § 4 Abs. 4 UmwStG, wenn der Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter übernommen worden sind, den Buchwert der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft übersteigt. Ein Übernahmeverlust entsteht, wenn der Buchwert der Anteile den Wert übersteigt, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind. Infolgedessen wird es regelmäßig zu einem Übernahmeverlust kommen, wenn bei einem Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft die stillen Reserven mit bezahlt worden sind und anschließend die Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft umgewandelt wird, um die stillen Reserven zur Schaffung von AfA-Volumen zu mobilisieren.
Rz. 25
Ein Übernahmegewinn war bereits nach dem UmwStG 1977 gewerbesteuerfrei. Die Gewerbesteuerfreiheit des Übernahmegewinns steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass der übergegangene Betrieb nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag aufgegeben oder veräußert wird; anderenfalls wird — anstelle des Übernahmegewinns — der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer nach § 18 Abs. 4 UmwStG unterworfen (vgl. Rz. 42ff.). Beides setzt selbstverständlich voraus, dass der übernehmende Rechtsträger gewerbesteuerpflichtig ist. Der Übernahmegewinn gehört jedoch zu den gewerblichen Einkünften i.S. von § 35 Abs. 1 EStG, wenn für die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer der Ermäßigungshöchstbetrag zu ermitteln ist. In den Gewerbesteuermessbetrag geht er infolge der Gewerbesteuerfreiheit nicht ein.
Rz. 26
Von dem nach § 18 Abs. 2 UmwStG gewerbesteuerfreien Übernahmegewinn ist der Übernahmefolgegewinn i.S. des von § 18 Abs. 1 Nr. 1 UmwStG ebenfalls in Bezug genommenen § 6 Abs. 1 UmwStG zu unterscheiden, der sich durch die Vereinigung und das dadurch bewirkte Erlöschen einer zwischen der Übertragerin und der Übernehmerin bestehenden Forderung und Schuld ergibt, die Übertragerin und Übernehmerin mit einem unterschiedlichen Wert angesetzt hatten (vgl. § 6 Rz. 1ff.). Im Gegensatz zum Übernahmegewinn entsteht der Übernahmefolgegewinn erst eine logische Sekunde nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (vgl. § 6 Rz. 4). Er ist nicht von der Gewerbesteuer freigestellt.
Rz. 27
Die Übernehmerin hat aufgrund der Verweisung von § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf § 6 UmwStG — ebenso wie bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer — auch gewerbesteuerlich das Wahlrecht nach § 6 Abs. 1 UmwStG, einen Übernahmefolgegewinn entweder im Wirtschaftsjahr des Vermögensübergangs zu versteuern oder in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage einzustellen (vgl. § 6 Rz. 7).
Rz. 28
Die in § 18 Abs. 2 UmwStG vorgesehene Gewerbesteuerfreiheit des Übernahmegewinns i.S. von § 4 Abs. 4 UmwStG schloss die Anwendung der bis einschließlich 2000 geltenden Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften nach § 32c EStG aus. Der Übernahmegewinn gehört nicht zu den gewerblichen Einkünften i.S. von § 32c Abs. 2 EStG. Hierzu zählen Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG der Gewerbesteuer unterliegen. Eine Tarifbegrenzung nach § 32c EStG erscheint nur aufgrund von solchen Gewinnen gerechtfertigt, die tatsächlich gewerbesteuerpflichtig sind. Dieses Problem hat sich durch das Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000 erledigt, da die Tarifbegrenzung durch dieses Gesetz mit Wirkung des Veranlagungszeitraums 2001 gestrichen worden ist.