Prof. Dr. Gerrit Frotscher
2.1.1 Begriff der Umwandlungsbilanz
Rz. 4
Der Vermögensübertragung ist eine Umwandlungsbilanz zugrunde zu legen. Diese stellt ihrer Natur nach eine Vermögensbilanz, keine Gewinnermittlungsbilanz dar. Ihre Aufstellung und die Wertansätze sind handelsrechtlich in den Vorschriften zu den einzelnen Umwandlungsarten geregelt.
Steuerrechtlich ist die Umwandlungsbilanz in den §§ 3, 11 UmwStG geregelt. Es handelt sich hierbei um Sonderregelungen, die von den handelsrechtlichen Vorschriften z. T. erheblich abweichen und daher für die steuerliche Behandlung dem Handelsrecht vorgehen.
2.1.2 Handelsrechtliche Umwandlungsbilanz
Rz. 5
Handelsrechtlich hat der übertragende Rechtsträger zwingend eine Umwandlungsbilanz (Übertragungsbilanz) aufzustellen; dies ist nach §17 Abs. 2 UmwG Voraussetzung für die Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister. Der übernehmende Rechtsträger kann eine Umwandlungsbilanz (Übernahmebilanz) aufstellen, muss dies jedoch nicht. Er kann die Umwandlung und den damit verbundenen Erwerb von Vermögensgegenständen in der Buchführung auch als laufenden Geschäftsvorfall erfassen. In diesem Fall ist die Umwandlung zur Aufnahme wie eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage in der Buchführung darzustellen, bei einer Umwandlung zur Neugründung gelten die Regeln über eine Sachgründung.
Rz. 6
Die Umwandlungsbilanz des übertragenden Rechtsträgers kann sein:
- Verschmelzungsbilanz (vgl. § 17 Abs. 2 UmwG);
- Spaltungsbilanz (vgl. § 125 i. V. m. § 17 Abs. 2 UmwG);
- Vermögensaufstellung bei Formwechsel (vgl. § 192 Abs. 2 UmwG); handelsrechtlich ist in diesem Fall keine Umwandlungsbilanz erforderlich, da der Formwechsel die Identität von übertragendem und übernehmendem Rechtsträger nicht berührt.
Rz. 7
Die handelsrechtlichen Wertansätze in der Übertragungsbilanz und der Übernahmebilanz bei Verschmelzung und Spaltung sind in § 17 Abs. 2 und § 24 UmwG (Verschmelzungsbilanz) bzw. § 125 i. V. m. §§ 17 Abs. 2 und § 24 UmwG geregelt.
Nach § 17 Abs. 2 UmwG sind auf die Verschmelzungsbilanz des übertragenden Rechtsträgers die Vorschriften über die Gewinnermittlung nach den §§ 238ff. HGB anzuwenden. Die Bewertung hat daher unter Fortführungsgesichtspunkten zu erfolgen. Fortzuführen sind die handelsrechtlichen Buchwerte; stille Reserven können handelsrechtlich nur aufgedeckt werden, wenn sich nach den §§ 238ff. HGB ein Gewinnrealisierungstatbestand ergibt, also auch bei einer Gewinnermittlungsbilanz die stillen Reserven (z. B. durch Ansatz des höheren beizulegenden Werts) aufgedeckt werden können. Obergrenze sind jedoch, da kein Drittumsatz vorliegt, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Ein Wahlrecht für den Ansatz der Buch-, Zwischen- oder Teilwerte (wobei die Zwischenwerte und die Teilwerte über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegen können) besteht daher handelsrechtlich nicht.
Rz. 8
Der übernehmende Rechtsträger hat nach § 24 UmwG (für die Spaltung i. V. m. § 125 UmwG) die übertragenen Vermögensgegenstände mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Dabei können auch die Buchwerte aus der Übertragungsbilanz des übertragenden Rechtsträgers als Anschaffungskosten angesetzt werden.
Daher hat der übernehmende Rechtsträger ein Bewertungswahlrecht. Er kann die tatsächlichen Anschaffungskosten ansetzen, er kann aber auch die Buchwerte des übertragenden Rechtsträgers fortführen. Tatsächliche Anschaffungskosten können sein:
- Soweit der übernehmende Rechtsträger eine Kapitalerhöhung durchgeführt hat: der Betrag der Kapitalerhöhung zuzüglich Agio oder der höhere Zeitwert der übernommenen Vermögensgegenstände;
- soweit der übernehmende Rechtsträger eigene Anteile hingegeben hat: der Buchwert der hingegebenen eigenen Anteile, der höhere Zeitwert des übernommenen Vermögens oder Zwischenwerte.
Eine Wertverknüpfung zwischen Übertragungs- und Übernahmebilanz besteht handelsrechtlich nicht.
Im Ergebnis hat der übernehmende Rechtsträger ein Wahlrecht zwischen den Buchwerten des übertragenden Rechtsträgers, dem Betrag der Kapitalerhöhung zuzüglich Agio bzw. dem Buchwert der hingegebenen eigenen Anteile oder dem Zeitwert des übernommenen Vermögens.
Rz. 9
Bei einem Formwechsel werden in der Bilanz handelsrechtlich zwingend die Buchwerte fortgeführt. Da es handelsrechtlich nicht zu einer Vermögensübertragung kommt, besteht auch kein Anlass für eine Neubewertung der Vermögensgegenstände.
In der nach § 192 Abs. 2 UmwG erforderlichen Vermögensaufstellung sind die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mit dem Zeitwert anzusetzen. Es handelt sich um eine Vermögensbilanz, für die die §§ 238ff. HGB nicht gelten. Anzusetzen sind auch selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter einschließlich eines Firmenwerts. Die Bewertung hat nach Fortführungsgesichtspunkten zu erfolgen.
2.1.3 Steuerrechtliche Umwandlungsbilanz
Rz. 10
Steuerlich kann der übertragende Rechtsträger bei Umwandlungen (Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung im engeren Sinne) zwischen Buch-, Teil- und Zwischenwertansatz wählen (vgl. §§ 3, 11 Abs. 1, § 15 Abs. 1 UmwStG). Für d...