Dr. Hans Joachim Herrmann
10.1 Abhängigkeit des Veräußerungspreises vom Wertansatz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft
Rz. 154
Der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (§ 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG). Die Ausübung des Bewertungswahlrechts durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist damit auch für den Einbringenden bindend, auch wenn die aufnehmende Kapitalgesellschaft sich dabei nicht an eine Vereinbarung mit dem Einbringenden über die Ausübung des Bewertungswahlrechtes halten sollte. Eine bereits durchgeführte Veranlagung des Einbringenden ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 zu ändern. Von der Wahl der aufnehmenden Kapitalgesellschaft hängt es ab, ob es beim Einbringenden zu einem Einbringungsgewinn kommt oder nicht.
Rz. 155
Ein Veräußerungsgewinn entfällt selbst dann, wenn der Einbringende für das eingebrachte Betriebsvermögen neben neuen Gesellschaftsanteilen noch andere Wirtschaftsgüter empfängt. Eine spätere Versteuerung der dem gegenüberstehenden stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens wird dadurch erreicht, daß der gemeine Wert der anderen Wirtschaftsgüter von den Anschaffungskosten der neuen Gesellschaftsanteile abzuziehen ist (§ 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG). Beispielsweise sind die Anschaffungskosten um den gemeinen Wert der Pensionszusage zu kürzen, die die Personengesellschaft dem jetzt einbringenden Gesellschafter erteilt hatte und die nun die aufnehmende Kapitalgesellschaft übernommen hat. Ein Einbringungsgewinn entsteht beim Einbringenden nur, wenn der gemeine Wert der anderen Wirtschaftsgüter den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt, so daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen unter Aufdeckung der Buchwerte mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen Wirtschaftsgüter ansetzen muß (§ 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG).
Rz. 156
Eine Ausnahme von dem vorstehenden Grundsatz, daß der Wert, mit dem die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt hat, für den Einbringenden als Veräußerungspreis gilt, hat der BMF im Schreiben vom 25.3.1998, nicht vorgesehen. Der BFH hingegen hat eine Ausnahme für den Fall bejaht, daß der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kein Wahlrecht zusteht und sie das eingebrachte Betriebsvermögen mit einem unzulässigen Wert angesetzt hat. In diesem Fall kann über die Höhe des Teilwerts im Besteuerungsverfahren des Einbringenden entschieden werden. Beispielsweise hätte die aufnehmende Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 3 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Teilwert ansetzen müssen, weil ein Gewinn aus der Veräußerung der gewährten Gesellschaftsanteile beim Einbringenden nicht der deutschen Besteuerung unterliegt. Hat die Kapitalgesellschaft dennoch unzulässigerweise die Buchwerte fortgeführt, so kann über die Höhe des als Wertansatz gebotenen Teilwerts auch im Besteuerungsverfahren des Einbringenden entschieden werden.
10.2 Der Einbringungsgewinn (§ 20 Abs. 5 UmwStG)
Rz. 157
Einbringungsgewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens und dem Veräußerungspreis, der sich aus dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft ergibt. Vom Einbringungsgewinn ist ein Verlust abzuziehen, den der Einbringende bisher nicht nach § 15a EStG ausgleichen konnte.
Rz. 158
Nicht zum Einbringungsgewinn zählt laufender Gewinn des Einbringenden. Dies gilt z. B. für einen Gewinn, der sich daraus ergibt, daß einzelne Wirtschaftsgüter im Rahmen des Wertbeibehaltungswahlrechts nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 oder nach Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG mit einem höheren Wert als in der letzten Bilanz angesetzt werden. Zum Einbringungsgewinn muß hingegen die Differenz zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert von Wirtschaftsgütern gerechnet werden, die der Einbringende anläßlich der Sacheinlage in sein Privatvermögen entnimmt. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 3 EStG.
Rz. 159
Der Einbringende kann einen Einbringungsgewinn unter den Voraussetzungen des § 6b Abs. 3 EStG dadurch neutralisieren, daß er ihn in eine Rücklage einstellt, soweit er den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG übersteigt. Auf diese Weise kann er eine sofortige Versteuerung aufgedeckter stiller Reserven vermeiden. Er verliert damit jedoch die Möglichkeit, den Einbringungsgewinn steuerbegünstigt nach § 20 Abs. 5 UmwStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern.
10.3 Besteuerung des Einbringungsgewinns (§ 20 Abs. 5 UmwStG)
Rz. 160
Auf einen bei der Sacheinlage gegen neue Gesellschaftsanteile beim Einbringenden entstehenden Veräußerungsgewinn ist § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden, wenn der Einbringende eine natürliche Person ist (§ 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG). Die danach ermäßigte Einkommensteuer beträgt für Ei...