Dr. Hans Joachim Herrmann
12.1 Allgemeines
Rz. 173
Der Zeitpunkt der Einbringung ist von vielfältiger steuerrechtlicher Bedeutung. Sobald die Sacheinlage vollzogen ist, d. h. das zivilrechtliche, zumindest aber das wirtschaftliche Eigentum an dem eingebrachten Betriebsvermögen auf den aufnehmenden Rechtsträger übergegangen ist, unterliegt der eingebrachte Betrieb der Besteuerung bei dem übernehmenden Rechtsträger.
Von diesem Zeitpunkt ist auf den Gewinn des eingebrachten Betriebs Körperschaftsteuer zu erheben. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft hat die Sacheinlage auf den Zeitpunkt der Einbringung nach Maßgabe des Bewertungswahlrechts nach § 20 Abs. 2 UmwStG (Rz. 86ff.) zu bewerten. Vom Zeitpunkt der Einbringung an können schuldrechtliche Verträge wie Arbeits-, Miet- oder Darlehensverträge zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschaftern unter Beachtung der für ihre steuerrechtliche Anerkennung entwickelten Voraussetzungen abgeschlossen werden. Auf sie ist § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht mehr anwendbar (vgl. Rz. 185). Vom Zeitpunkt der Einbringung an kann es zu verdeckten Gewinnausschüttungen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kommen (vgl. Rz. 192).
Rz. 174
Der steuerliche Übertragungsstichtag ist der Zeitpunkt, auf den der Einbringende für das einzubringende Betriebsvermögen nach dem Einbringungsvertrag die Schlußbilanz und die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Aufnahmebilanz erstellt. Die Parteien des Einbringungsvertrages können den Übertragungsstichtag grundsätzlich frei wählen. Er darf nur nicht bei der Anmeldung zum Handelsregister mehr als acht Monate zurückliegen (§ 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG). Als Übertragungsstichtag wid im allgemeinen der Tag des Jahresabschlusses des einbringenden Einzelhandelskaufmanns oder der einbringenden Personengesellschaft gewählt. Zugleich pflegt im Einbringungsvertrag bestimmt zu werden, daß vom Übertragungsstichtag an der eingebrachte Betrieb für Rechnung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft geführt wird. Die Vertragsparteien können eine entsprechende Ermittlung des Einkommens und Vermögens nach § 20 Abs. 7 UmwStG beantragen.
Rz. 175
§ 20 Abs. 8 UmwStG räumt den Parteien des Einbringungsvertrages einen achtmonatigen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung des steuerlichen Übertragungsstichtages ein. Die Vorschrift knüpft an den Achtmonatszeitraum bei der Verschmelzung in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG an. Im Falle einer Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags müssen die Voraussetzungen des Teilbetriebs oder einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht bereits am zurückbezogenen steuerlichen Übertragungsstichtag vorgelegen haben. Es reicht, daß sie im Zeitpunkt des Beschlusses über die Spaltung oder des Abschlusses des Einbringungsvertrages erfüllt sind.
Rz. 176
Eine Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags setzt vornehmlich zivilrechtlich voraus, daß der Einbringende und die aufnehmende Kapitalgesellschaft sich vereinbarungsgemäß so stellen, als ob das Betriebsvermögen und die Einkunftserzielung bereits zum zurückbezogenen steuerlichen Übertragungsstichtag übergegangen wären. Denn der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kann nur Betriebsvermögen ertragsteuerlich zugerechnet werden, über das sie schon handelsrechtlich verfügen kann.
Rz. 177
Eine Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtages bis zu acht Monaten bedarf steuerrechtlich nach § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG eines Antrages. Nach Auffassung der Verwaltung ist der Antrag von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu stellen.
12.2 Steuerlicher Übertragungsstichtag bei Sacheinlagen nach den handelsrechtlichen Umwandlungsvorschriften (§ 20 Abs. 8 Satz 1 und 2 UmwStG)
Rz. 178
Bei Sacheinlagen nach den handelsrechtlichen Vorschriften, nämlich bei der Verschmelzung nach § 2 UmwG sowie bei der Aufspaltung, Abspaltung und der Ausgliederung nach § 123 Abs. 1 bis 3 UmwG (vgl. Rz. 15) knüpft § 20 Abs. 8 Sätze 1 und 2 UmwStG an die handelsrechtliche Rückbeziehung des Umwandlungsstichtages an.
Rz. 179
Handelsrechtlich geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten mit der Eintragung der Verschmelzung oder Spaltung in das Handelsregister auf den übernehmenden Rechtsträger über. Die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers gelten jedoch bereits mit dem vereinbarten und um höchstens acht Monate zurückbezogenen Verschmelzungsstichtag oder dem betreffenden Spaltungsstichtag als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen. Auf diesen Umwandlungsstichtag hat der übertragende Rechtsträger eine Schlußbilanz aufzustellen. Der übertragende Rechtsträger hat die Schlußbilanz auf den Schluß des Tages aufzustellen, der dem Umwandlungsstichtag vorangeht. Dieser Tag, auf den der übertragende Rechtsträger die Schlußbilanz aufstellt, ist zugleich der steuerliche Übertragungsstichtag in den Fällen der Rückbeziehung nach § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG.
Rz. 180
Beispiel für die maßgebliche...