Dr. Hans Joachim Herrmann
6.1 Allgemeines
Rz. 41
Gegenstand einer Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG kann ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil sein. Insoweit deckt sich § 20 Abs. 1 UmwStG bezüglich des Gegenstandes mit § 16 EStG, dem er als lex specialis vorgeht (vgl. Rz. 1). Während aber § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG nur eine hundertprozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft für die Zwecke der Tarifermäßigung einem Teilbetrieb gleichstellt, verlangt § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nur die Einbringung einer mehrheitsverschaffenden Beteiligung.
Rz. 42
Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile bilden wirtschaftliche Einheiten, die aus Aktiva und Passiva bestehen. Beim Mitunternehmeranteil gehört zu der Einheit insbesondere auch das Sonderbetriebsvermögen. In jedem Fall umfassen die wirtschaftlichen Einheiten die wesentlichen Betriebsgrundlagen (hierzu Rz. 62ff.).
Rz. 43
Einzelne Wirtschaftsgüter können nicht Gegenstand einer Einbringung nach § 20 Abs. 1 UmwStG sein. Eine Ausnahme bildet hier lediglich eine mehrheitsverschaffende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG. Im übrigen läßt sich eine steuerneutrale Einlage einzelner Wirtschaftsgüter nur mit Hilfe der Umweggestaltung über eine Betriebsaufspaltung erreichen (vgl. Rz. 58).
Rz. 44
Die Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft im Tausch gegen Anteile an der anderen Kapitalgesellschaft kann, sofern die Voraussetzungen der § 20 Abs. 1 UmwStG nicht erfüllt sind, steuerneutral nach dem Tauschgutachten des BFH (v. 16.12.1958, I D 1/57 S, BStBl III 1959, 30) möglich sein. Dabei kann es sich um eine nicht mehrheitsbeschaffende Beteiligung oder um eigene Aktien der aufnehmenden Kapitalgesellschaft handeln. Die Grundsätze des Tauschgutachtens sind auf den Tausch anderer Wirtschaftsgüter oder von Beteiligungen an Personengesellschaften nicht anwendbar.
6.2 Betrieb
Rz. 45
Was unter einem Gewerbebetrieb zu verstehen ist, ergibt sich aus § 15 Abs. 2 und 3 EStG und der Kommentierung hierzu. Gegenstand der Einbringung kann sowohl ein werbender als auch ein verpachteter Betrieb sein, solange für diesen noch keine Betriebsaufgabe erklärt worden ist. In jedem Fall muß der Betrieb als "selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens" auf die Übernehmerin übertragen werden und von dieser als solcher fortgeführt werden können. Außer einem Gewerbebetrieb kann auch ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb oder ein freiberufliches Vermögen i.S. von § 18 Abs. 3 EStG Gegenstand einer Einbringung nach § 20 UmwStG sein.
6.3 Teilbetrieb
Rz. 46
Der Teilbetrieb i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG steht im Gegensatz zu einzelnen Wirtschaftsgütern, deren Einlage nicht nach § 20 UmwStG begünstigt ist, und auch zu einem ganzen Gewerbebetrieb. Eine natürliche Person kann mehrere Gewerbebetriebe haben, sofern die einzelnen Gewerbebetriebe nicht miteinander sachlich und wirtschaftlich verbunden sind. Die Bildung eines Teilbetriebs bietet ein Gestaltungsinstrument, um eine ertragsteuerneutrale Umorganisation zu ermöglichen, zumindest aber um in den Genuß der Tarifermäßigung nach §§ 16 und 34 EStG zu gelangen.
Rz. 47
Der Begriff des Teilbetriebs ist nach h. M. ertragsteuerlich einheitlich auszulegen, also insbesondere im Rahmen von § 15 Abs. 1 UmwStG (Spaltung einer Kapitalgesellschaft), § 20 Abs. 1 UmwStG (Einbringung in eine Kapitalgesellschaft), § 23 UmwStG (Einbringung innerhalb der EU) und § 24 UmwStG (Einbringung in eine Personengesellschaft).
Rz. 48
Unter einem Teilbetrieb ist nach der Rechtsprechung ein organisatorisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der — für sich betrachtet — alle Merkmale eines Betriebs i.S. des EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist. Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse — beim Veräußerer — zu entscheiden. Als Merkmale für eine gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb, die nicht alle erfüllt zu sein brauchen, hat die Rechtsprechung folgende herausgestellt:
- räumliche Trennung vom Hauptbetrieb,
- gesonderte Buchführung,
- eigenes Personal,
- eigene Verwaltung,
- selbständige Organisation,
- eigenes Anlagevermögen,
- ungleichartige betriebliche Tätigkeit,
- eigener Kundenstamm, eigener Einkauf.
Rz. 49
Ein nach diesen Grundsätzen organisatorisch verselbständigter Unternehmensteil ist auch selbständig lebensfähig, wenn er seiner Struktur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausüben kann.
Rz. 50
Die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderlichen Merkmale müssen nach Auffassung der Verwaltung in Fällen der Sacheinlage nach § 20 UmwStG...