Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 46
Der Teilbetrieb i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG steht im Gegensatz zu einzelnen Wirtschaftsgütern, deren Einlage nicht nach § 20 UmwStG begünstigt ist, und auch zu einem ganzen Gewerbebetrieb. Eine natürliche Person kann mehrere Gewerbebetriebe haben, sofern die einzelnen Gewerbebetriebe nicht miteinander sachlich und wirtschaftlich verbunden sind. Die Bildung eines Teilbetriebs bietet ein Gestaltungsinstrument, um eine ertragsteuerneutrale Umorganisation zu ermöglichen, zumindest aber um in den Genuß der Tarifermäßigung nach §§ 16 und 34 EStG zu gelangen.
Rz. 47
Der Begriff des Teilbetriebs ist nach h. M. ertragsteuerlich einheitlich auszulegen, also insbesondere im Rahmen von § 15 Abs. 1 UmwStG (Spaltung einer Kapitalgesellschaft), § 20 Abs. 1 UmwStG (Einbringung in eine Kapitalgesellschaft), § 23 UmwStG (Einbringung innerhalb der EU) und § 24 UmwStG (Einbringung in eine Personengesellschaft).
Rz. 48
Unter einem Teilbetrieb ist nach der Rechtsprechung ein organisatorisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der — für sich betrachtet — alle Merkmale eines Betriebs i.S. des EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist. Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse — beim Veräußerer — zu entscheiden. Als Merkmale für eine gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb, die nicht alle erfüllt zu sein brauchen, hat die Rechtsprechung folgende herausgestellt:
- räumliche Trennung vom Hauptbetrieb,
- gesonderte Buchführung,
- eigenes Personal,
- eigene Verwaltung,
- selbständige Organisation,
- eigenes Anlagevermögen,
- ungleichartige betriebliche Tätigkeit,
- eigener Kundenstamm, eigener Einkauf.
Rz. 49
Ein nach diesen Grundsätzen organisatorisch verselbständigter Unternehmensteil ist auch selbständig lebensfähig, wenn er seiner Struktur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausüben kann.
Rz. 50
Die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderlichen Merkmale müssen nach Auffassung der Verwaltung in Fällen der Sacheinlage nach § 20 UmwStG nicht bereits am steuerlichen Übertragungsstichtag (vgl. Rz. 178ff.) vorgelegen haben. Es reicht, wenn die Voraussetzungen im Zeitpunkt des Beschlusses über die Spaltung bzw. bei Abschluß des Einbringungsvertrags erfüllt sind.
Rz. 51
Der Begriff des Teilbetriebs in § 23 UmwStG hat durch Art. 2i der Fusionsrichtlinie eine gemeinschaftsrechtliche Grundlage erhalten. Danach ist ein Teilbetrieb "die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter, die in organisatorischer Hinsicht einen selbständigen Betrieb, d. h. eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit darstellen". Aufgrund dessen soll der europäische Teilbetriebsbegriff als eine funktionsfähige Einheit verstanden werden, unabhängig davon, ob die Wirtschaftsgüter der funktionsfähigen Einheit im zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmers stehen. Ein Teilbetrieb soll demnach auch in der Weise übertragen werden können, daß der Erwerber die bisherige Tätigkeit mit vom Veräußerer zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgütern fortsetzen kann.
Rz. 52
Die Rechtsprechung ist dem nicht gefolgt. Sie verlangt im Rahmen von §§ 16 und 34 EStG ausnahmslos die Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs. Entsprechendes muß auch für die auf § 16 EStG aufbauende Einbringung eines Teilbetriebs nach § 20 UmwStG gelten.