Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 77
§ 20 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 UmwStG gestatten, daß der Einbringende neben neuen Anteilen als Gegenleistung für die Sacheinlage auch andere Wirtschaftsgüter erhält. Dabei sagt das Gesetz nichts darüber aus, inwieweit die Gegenleistung in neuen Gesellschaftsanteilen bestehen muß. Somit kann unter § 20 UmwStG auch die Gewährung nur einer neuen Aktie neben anderen Wirtschaftsgütern fallen, z. B. einer Barzahlung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft.
Rz. 78
Gesellschaftsrechtlich stellt die Sacheinlage, für die der Einbringende sowohl neue Gesellschaftsanteile als auch andere Wirtschaftsgüter erhält, eine gemischte Sacheinlage dar. Dabei übersteigt der Wert der vorgesehenen Sachleistung den Anrechnungsbetrag der Stammeinlage. Für den überschießenden Betrag erhält der Gesellschafter eine Vergütung in Geld, eine Gutschrift als Gesellschafterdarlehen oder in anderen Werten.
Rz. 79
Beispiel:
Die aufnehmende GmbH bewertet die Sacheinlage mit 60.000 DM. Sie gewährt dem Einbringenden als Gegenleistung neue Gesellschaftsrechte mit einem Nennwert von 50.000 DM. Sie zahlt dem Einbringenden zusätzlich einen Spitzenausgleich von 5.000 DM. Die restlichen 5.000 DM, die der Einbringende mit seiner Sacheinlage als Aufgeld geleistet hat, weist die GmbH den offenen Rücklagen zu.
Rz. 80
Andere Wirtschaftsgüter i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG, die die aufnehmende Kapitalgesellschaft als zusätzliche Gegenleistung gewährt, können z. B. Barzahlungen, die Begründung einer Darlehensverbindlichkeit, die Gewährung "alter" Gesellschaftsanteile oder die Übernahme von Schulden sein. Bei übernommenen Schulden kann es sich allerdings nicht um Betriebsschulden des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs oder des Sonderbetriebsvermögens eines Mitunternehmeranteils handeln. Denn diese gehen bereits mit der Sacheinlage auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über. Stets geht der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil als Einheit zum Nettowert über (Widmann/Mayer, § 20 UmwStG, Rdn. 6923).
Rz. 81
Die Gewährung zusätzlicher Wirtschaftsgüter neben neuen Gesellschaftsanteilen führt auf seiten des Einbringenden zu einer Aufdeckung stiller Reserven, soweit der gemeine Wert der zusätzlichen Wirtschaftsgüter den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt (§ 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG). Die Anschaffungskosten der vom Einbringenden empfangenen neuen Gesellschaftsanteile vermindern sich um den gemeinen Wert der zusätzlich empfangenen anderen Wirtschaftsgüter (§ 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG). Die Anschaffungskosten der neuen Gesellschaftsanteile sind mit 0 DM nach § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG anzusetzen, soweit der gemeine Wert der anderen Wirtschaftsgüter den Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt (§ 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG).
Rz. 82
Die aufnehmende Kapitalgesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der hingegebenen anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen, sofern deren gemeiner Wert die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt. Auf seiten des Einbringenden ergibt sich dadurch ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen den Buchwerten laut Schlußbilanz und dem Veräußerungspreis, der nach § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG dem Wertansatz bei der Übernehmerin in Höhe des gemeinen Werts entspricht. Dies mag durch folgendes Beispiel (vgl. hierzu ausführlich Widmann/Mayer, § 20 UmwStG, Tz. 7182 mit mehreren Alternativen) veranschaulicht werden.
Rz. 83
Beispiel:
Ein Einzelunternehmer bringt seinen Betrieb mit Aktiva von 2 Mio. DM und Schulden von 1,2 Mio. DM (Nettowert 0,8 Mio. DM) in eine GmbH ein. Die aufnehmende GmbH gewährt dem Einbringenden neue Gesellschaftsanteile mit einem Nennwert von 0,6 Mio. DM und ein Grundstück mit einem gemeinen Wert von 1,6 Mio. DM, das bei der GmbH mit einem Wert von 0,2 Mio. DM zu Buche gestanden hatte. Der gemeine Wert dieses "anderen Wirtschaftsgutes" i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG übersteigt mit 1,6 Mio. DM den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens von 0,8 Mio. DM. Folglich darf die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen nicht zum Buchwert von 0,8 Mio. DM, sondern muß es nach § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG mindestens mit dem gemeinen Wert des Grundstücks, also mit 1,6 Mio. DM ansetzen. Zu diesem Zweck stockt sie die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens um 0,8 Mio. DM auf. Zugleich erzielt sie einen Gewinn von 1,4 Mio. DM in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert (0,2 Mio. DM) und dem Teilwert (1,6 Mio. DM) des Grundstücks.
Rz. 84
Auf seiten des Einbringenden entsteht ein Einbringungsgewinn nach § 20 Abs. 4 und 5 UmwStG von 0,8 Mio. DM (Veräußerungspreis von 1,6 Mio. DM ./. Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens von 0,8 Mio. DM). Der Einbringende hat Anschaffungskosten der empfangenen Gesellschaftsanteile nach § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG von 0 DM (Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der GmbH nach § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG von 1,6 Mio. DM ./. gemeiner Wert des Grundstücks nach § 20 A...