Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 92
Die aufnehmende Kapitalgesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen nach § 20 Abs. 3 UmwStG mit seinem Teilwert anzusetzen, wenn das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus einer Veräußerung der dem Einbringenden gewährten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen ist. Bei dieser Sachlage besitzt die aufnehmende Kapitalgesellschaft kein Wahlrecht i.S. von § 10 Abs. 2 UmwStG, sondern muß nach Abs. 3 alle in dem eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven einschließlich des Firmenwerts aufdeken, weil zwar eine spätere Versteuerung der in dem eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven, nicht aber des Gewinns aus der Veräußerung der erworbenen Gesellschaftsanteile sichergestellt ist (zum Prinzip der Verdoppelung der stillen Reserven vgl. Rz. 11).
Rz. 93
Das deutsche Recht, die in den vom Einbringenden empfangenen Gesellschaftsanteile enthaltenen stillen Reserven zu besteuern, ist nicht schon dann stets ausgeschlossenn, wenn der Anteilsinhaber beschränkt steuerpflichtig ist. Zwar ist der Veräußerungsgewinn, der nach § 21 Abs. 1 UmwStG als solcher i.S. von § 16 EStG gilt, nicht bei den inländischen gewerblichen Einkünften in § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannt, die inländische Einkünfte i.S. der beschränkten Einkommensteuerpflicht sind. Jedoch kann der Veräußerungsgewinn nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG steuerpflichtig sein, wenn die empfangene Beteiligung zu einem inländischen Betriebsvermögen gehört, oder nach Buchstabe e, sofern die einbringungsgeborenen Anteile eine wesentliche Beteiligung i.S. von § 17 EStG darstellen. Dann ist eine deutsche Besteuerung des Veräußerungsgewinns zwar nicht aufgrund von § 21 UmwStG, wohl aber nach der subsidiären Vorschrift des § 17 EStG sichergestellt. Es kann nicht darauf ankommen, aufgrund welcher Vorschrift die stillen Reserven steuerverhaftet bleiben.
Rz. 94
Eine Versteuerung der stillen Reserven ist hingegen nicht sichergestellt, wenn der Einbringende beschränkt steuerpflichtig ist und seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung nicht mehr als 25% der aufnehmenden Kapitalgesellschaft beträgt. Auch wenn seine Beteiligung diese Grenze übersteigt, kann die durch § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e i. V. m. § 17 EStG begründete beschränkte inländische Steuerpflicht durch ein DBA ausgeschlossen sein. Ein solcher Ausschluß findet sich in Art. 13 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens.
Rz. 95
Danach kann der Veräußerer derartigen Vermögens nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem er ansässig ist. Modifikationen dessen zu einer begrenzten, unter gewissen Voraussetzungen eingreifenden inländischen Steuerpflicht finden sich z. B. in Art. 13 Abs. 4 DBA-Schweiz und Art. 13 Abs. 4 und 5 DBA Kanada.
Rz. 96
Die gleichen Grundsätze wie in § 20 Abs. 3 UmwStG finden sich in § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG im Rahmen der grenzüberschreitenden Einbringung innerhalb der EU für die Fälle der Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft. Hingegen hat der Gesetzgeber in § 23 Abs. 2 UmwStG auf eine Verdoppelung der stillen Reserven verzichtet, wenn eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft ihre inländische Betriebsstätte im Rahmen der Einbringung eines (Teil-)Betriebs in eine unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft einlegt.
Rz. 97
Kein Zwang zum Ansatz des Teilwerts entsprechend § 20 Abs. 3 UmwStG besteht, wenn der Einbringende eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine steuerbefreite Körperschaft ist, die einen Betrieb gewerblicher Art i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile in eine Kapitalgesellschaft einbringt. Eine spätere Versteuerung des Gewinns aus den empfangenen Gesellschaftsanteilen ist bei der Körperschaft sichergestellt. Dieser Gewinn gilt nach § 21 Abs. 3 UmwStG als Gewinn aus einem Betrieb gewerblicher Art.
Rz. 98
§ 20 Abs. 6 UmwStG sieht eine Stundung der anfallenden Einkommen- und Körperschaftsteuer für den Fall vor, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 3 UmwStG gezwungen ist, das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Teilwert anzusetzen. Diese Regelung lehnt sich an § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG an, demzufolge es als eine Veräußerung der empfangenen einbringungsgeborenen Anteile gilt, wenn das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der empfangenen Anteile entfällt (vgl. Rz. 165).