Dr. Hans Joachim Herrmann
3.1 Allgemeines
Rz. 5
Für den Fall, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt, verweist § 22 Abs. 1 UmwStG auf § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG. Aufgrund von § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG tritt die die Buchwerte des Einbringenden fortführende Kapitalgesellschaft hinsichtlich der Vorbesitzzeiten i.S. von § 6b EStG in die Vorbesitzzeiten des Einbringenden ein. Das gleiche gilt aufgrund von § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG hinsichtlich der AfA, der erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen, der Inanspruchnahme einer Bewertungsfreiheit oder eines Bewertungsabschlags und der den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen. Unter dem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens ist nach § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG der Wert zu verstehen, mit dem der Einbringende das eingebrachte Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Sacheinlage nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen hat (§ 20 Rz. 117 ff.).
3.2 Eintritt in die Rechtsstellung des Einbringenden
Rz. 6
Die aufnehmende Kapitalgesellschaft tritt infolge der Bilanzierung des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem Buchwert in die Rechtsstellung des Einbringenden ein.
Zwar ist die Einbringung des Betriebsvermögens kein unentgeltlicher Vorgang. Denn der Einbringende erhält als Gegenleistung für seine Sacheinlage i.S. von § 20 Abs. 1 UmwStG neue Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft (vgl. zum Erfordernis einer solchen Gegenleistung § 20 Rz. 76 ff.). Dieser tauschähnliche Vorgang ist eine entgeltliche Veräußerung bzw. ein entgeltlicher Erwerb; es kommt nur infolge der Buchwertfortführung zu keiner Realisierung stiller Reserven. Aber die Rechtsfolgen bestimmen sich nicht nach § 16 EStG, sondern nach der Sonderregelung der §§ 20 bis 23 UmwStG.
Rz. 7
Aufgrund von § 22 Abs. 1 UmwStG wird der Vorgang wie eine unentgeltliche Betriebsübertragung i.S. von § 6 Abs. 3 EStG behandelt. Der Nachteil dessen ist, daß die die Buchwerte fortführende aufnehmende Kapitalgesellschaft keine eigenen Anschaffungskosten für das eingebrachte Betriebsvermögen hat, von denen sie abschreiben könnte. Der Vorteil für sie besteht darin, daß sie in alle Rechte des Einbringenden eintritt. Der Tausch unter Buchwertfortführung ist zwar ein Erwerb i.S. von § 50c Abs. 11 Sätze 1 und 3 EStG. Dennoch entsteht beim Erwerb ausnahmsweise nach § 50c Abs. 11 Satz 3 Halbsatz 2 EStG kein Sperrbetrag. Denn die Besteuerung ist bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft infolge der Fortführung des bisherigen Buchwertansatzes gesichert.
3.3 Fortsetzung von Vorbesitzzeiten und AfA
Rz. 8
Die aufnehmende Kapitalgesellschaft tritt in die Vorbesitzzeiten des Einbringenden i.S. von § 6b Abs. 4 Nr. 2 EStG ein (§ 22 Abs. 1 UmwStG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Das gleiche gilt für die Anspruchsberechtigung und die Verbleibensvoraussetzung nach den §§ 1 und 4 InvZulG.
Rz. 9
Die aufnehmende Kapitalgesellschaft tritt in die Rechtsstellung des Einbringenden bezüglich der AfA, der erhöhten Absetzungen und der Sonderabschreibungen ein. Sie ist somit an die bisherige Absetzungsbemessungsgrundlage, die bisherige Abschreibungsmethode und die vom Einbringenden angenommene Nutzungsdauer gebunden.
Rz. 10
Die aufnehmende Kapitalgesellschaft muß die vom Einbringenden gewählten linearen AfA fortführen (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Hat der Einbringende die lineare AfA gewählt, so kann die aufnehmende Kapitalgesellschaft nicht zur degressiven AfA übergehen (§ 7 Abs. 3 Satz 3 EStG). Wenn sie bei der degressiven AfA des Einbringenden bleiben will (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 EStG), so muß sie den v.H.-Satz laut Schlußbilanz des Einbringenden fortführen. Bei Gebäuden kann die aufnehmende Kapitalgesellschaft die degressiven AfA des Einbringenden nach § 7 Abs. 5 EStG fortsetzen.
3.4 Verlustabzug (§ 22 Abs. 1 und 4 UmwStG)
Rz. 11
Ein einkommen- bzw. körperschaftsteuerrechtlicher und gewerbesteuerrechtlicher Verlustvortrag verbleibt bei der einbringenden natürlichen Person oder Kapitalgesellschaft. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft kann trotz Buchwertfortführung keinen Verlust nach § 10d EStG oder § 10a GewStG abziehen, der in der Person des Einbringenden entstanden ist. Dies folgt für den Verlustabzug nach § 10d EStG aus § 22 Abs. 1 UmwStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996, der nur auf § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG, nicht aber auf den Übergang des Verlustabzugs nach Satz 2 verweist. Für die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 10a GewStG ergibt sich dies aus § 22 Abs. 4 UmwStG i. d. F. des Jahressteuer-Ergänzungsgesetzes. Diese Regelungen haben klarstellende Bedeutung. Denn für einen einkommensteuerrechtlichen Verlustabzug ist eine zivilrechtliche Personenidentität zwischen demjenigen Steuerpflichtigen, der den Verlust erlitten ...