Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 41
§ 23 Abs. 3 UmwStG betrifft den Fall, daß eine deutsche, unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft ihre in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte in eine ausländische, beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsanteilen einlegt. § 23 Abs. 3 UmwStG beschränkt sich darauf vorzuschreiben, daß die Bewertung der von der einbringenden deutschen Kapitalgesellschaft erworbenen Anteile mit dem Wert zu erfolgen hat, mit dem die übernehmende ausländische Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt hat. Denn der deutsche Fiskus kann nur dann die stillen Reserven erfassen, die in den erworbenen Anteilen enthalten sind. Dies gilt auch nur für den Fall einer Veräußerung der Anteile innerhalb von sieben Jahren (§ 8b Abs. 3 KStG). Danach bleibt ein Veräußerungsgewinn nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei.
Rz. 42
§ 23 Abs. 3 UmwStG erweitert die steuerneutralen Einbringungsmöglichkeiten gegenüber § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG insoweit, als übernehmende Kapitalgesellschaft auch eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft sein kann.
Beispiel (vgl. BMF v. 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 23.08):
Die inländische A-GmbH bringt im Rahmen der Einlage eines (Teil-)Betriebs ihre Betriebsstätte in Paris in eine französische SA ein. Diese gewährt der A-GmbH als Gegenleistung neue Anteile an der französischen SA.
Rz. 43
Damit gestattet § 23 Abs. 3 UmwStG insbesondere einer deutschen Muttergesellschaft, von ihr gehaltenes, in einem anderen EU-Staat belegenes Betriebsstättenvermögen in eine EU-Tochtergesellschaft umzuwandeln.
Rz. 44
Aus der Sicht der einbringenden deutschen Kapitalgesellschaft kann eine Buchwertfortführung kaum sinnvoll sein. Denn ihre bisherige ausländische Betriebsstätte und auch ein etwaiger Einbringungsgewinn wird regelmäßig von einer deutschen Besteuerung durch das einschlägige DBA freigestellt gewesen sein. Erst die als Gegenleistung für die Einbringung empfangenen Gesellschaftsanteile unterliegen als einbringungsgeborene Anteile i. S. von § 21 UmwStG der steuerlichen Verhaftung für den Fall ihrer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren, nachdem die einbringende Gesellschaft sie zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert erworben hatte (§ 8b Abs. 3 Nr. 1 KStG). Daher wird die einbringende Gesellschaft an einer Aufdeckung der stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens interessiert sein, es sei denn, es kommt bei ihr dadurch zu einer Nachversteuerung von in Vorjahren abgezogenen Verlusten nach § 2a Abs. 3 und 4 EStG.
Rz. 45
Die inländische Steuerverhaftung der von der einbringenden Kapitalgesellschaft empfangenen Anteile wird im Schrifttum für steuerpolitisch ungerechtfertigt und auch für unvereinbar mit der Fusionsrichtlinie beurteilt. Dem steht jedoch gegenüber, daß die Steuerverhaftung nach § 8b Abs. 3 Nr. 1 KStG auf sieben Jahre begrenzt ist. Danach können die Anteile nach Maßgabe des Schachtelprivilegs nach § 8 Abs. 2 KStG steuerfrei veräußert werden.
Rz. 46
§ 23 Abs. 3 UmwStG ist nur anwendbar, wenn eine Betriebsstätte, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegen ist, durch eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft in eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Die eingebrachte Betriebsstätte muß entweder selbst ein (Teil-)Betrieb sein oder zu einem eingebrachten Teilbetrieb gehören.
Rz. 47
Die deutsche GmbH bringt in ihre in Österreich neu gegründete Tochtergesellschaft nicht nur eine dort belegene Fabrikation, sondern auch eine dortige Vertriebsstelle ein.
Rz. 48
Ist § 23 Abs. 3 UmwStG mangels einer ausländischen Betriebsstätte nicht anwendbar, so unterliegen die in den im Ausland befindlichen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven bei der einbringenden inländischen Kapitalgesellschaft ohnehin der deutschen Besteuerung nach dem Welteinkommensprinzip des § 2 Abs. 4 EStG, ohne daß dem ein DBA entgegenstände.