Dr. Hans Joachim Herrmann
9.1 Die Bedeutung des Wahlrechts
Rz. 69
§ 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gewährt der aufnehmenden Personengesellschaft ein Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert anzusetzen. Nach der Ausübung des Wahlrechts richtet sich nicht nur der künftige Ansatz der Wirtschaftsgüter, sondern auch der Veräußerungspreis des Einbringenden und damit sein etwaiger Einbringungsgewinn. Welchen der verschiedenen in Betracht kommenden Werte die aufnehmende Personengesellschaft letztlich gewählt hat, ergibt sich aus ihrer Eröffnungsbilanz. Maßgeblich sind die dort ausgewiesenen Werte in Verbindung mit der Ergänzungsbilanz des Einbringenden. Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG (zum Wesen von Ergänzungsbilanzen vgl. Rz. 79ff.; Schmidt, EStG, § 18. Aufl. 1999, § 15 Rz. 460). Danach hat die aufnehmende Personengesellschaft trotz einer Aufstokung der Buchwerte in ihrer Eröffnungsbilanz doch letztlich die Buchwerte des Einbringenden fortgeführt, wenn der Aufstockungsbetrag durch eine negative Ergänzungsbilanz des Einbringenden entsprechend korrigiert wird. Beispielsweise werden die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens in der Eröffnungsbilanz der Personengesellschaft aufgestockt, um die Kapitalkonten der Gesellschafter im richtigen Verhältnis zueinander auszuweisen; zugleich aber wird der Aufstockungsbetrag durch eine negative Ergänzungsbilanz des Einbringenden neutralisiert. Um Streit mit den anderen Gesellschaftern um die Wertansätze zu vermeiden, empfiehlt es sich für den Einbringenden, die Ausübung des Bewertungswahlrechts durch die aufnehmende Personengesellschaft bereits im Gesellschaftsvertrag zu regeln, ohne dass dies allerdings für das Finanzamt der aufnehmenden Personengesellschaft verbindlich wäre (vgl. BMF-Schreiben v. 16.6.1978, BStBl I 1978, 235, Tz. 17). Zweck des Bewertungswahlrechts nach § 24 UmwStG ist es, eine steuerneutrale Umwandlung des unternehmerischen Engagements des Einbringenden von einer Einzelunternehmerschaft in eine Mitunternehmerschaft zu ermöglichen. Es entspricht dem Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG für den Fall der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft (vgl. § 20 Rz. 86ff.). Die aufnehmende Personengesellschaft hat ihr Bewertungswahlrecht ausgeübt, wenn sie die Feststellungsererklärung für das Wirtschaftsjahr, in dem die Einbringung stattgefunden hat, einschließlich der zugehörigen Bilanz beim Finanzamt eingereicht hat (vgl. BMF v. 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 24.04 i. V. m. Tz. 20.31).
9.2 Der Buchwert
Rz. 70
Der Buchwert ist nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG der Wert, mit dem der Einbringende das eingebrachte Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Einbringung nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen hat. Diese Definition stimmt mit derjenigen in § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG überein (vgl. § 20 Rz. 117ff.).
Rz. 71
Der Buchwert ergibt sich aus der Einbringungsbilanz, die der Einbringende auf den Zeitpunkt der Einbringung zu erstellen hat. Er bildet die Untergrenze für den Wertansatz der aufnehmenden Personengesellschaft. War schon beim Einbringenden der Teilwert einzubringender Wirtschaftsgüter unter den Buchwert gesunken, so ist eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und nach Nr. 2 Satz 2 EStG schon in der Einbringungsbilanz vorzunehmen. Ein Freiberufler, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG im Wege der Überschussrechnung ermittelt hat, muss auf den Zeitpunkt der Einbringung zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen. Hinzurechnungen nach R 17 EStR kann der Freiberufler vermeiden, indem er Honorarforderungen als nicht wesentliche Betriebsgrundlage von der Einbringung ausnimmt.
Rz. 72
Eine Einbringung zum Buchwert empfiehlt sich, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen im Wesentlichen aus nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern — z. B. Grundstücken — oder nur langfristig abnutzbaren Wirtschaftsgütern — z. B. Gebäuden oder einem Geschäfts- oder Praxiswert — besteht. Ein bei der Einbringung einer freiberuflichen Einzelpraxis in eine Sozietät aufgedeckter Praxiswert kann nach Auffassung der Verwaltung in sechs bis 10 Jahren abgeschrieben werden.
Rz. 73
Steht das einzubringende Betriebsvermögen in der Einbringungsbilanz mit einem negativen Kapitalkonto zu Buche, so kann die aufnehmende Personengesellschaft das negative Kapitalkonto übernehmen (vgl. BMF v. 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 24.05). Anders als bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG muss die aufnehmende Personengesellschaft nicht das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens so ansetzen, dass sich die Aktiv- und die Passivposten ausgleichen (vgl. Rz. 58; für den Fall der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft § 20 Rz. 122f.).