Dr. Hans Joachim Herrmann
2.1 Inhalt von § 26 Abs. 1 UmwStG
Rz. 2
§ 26 Abs. 1 UmwStG hat § 25 Abs. 2 UmwStG 1977 inhaltsgleich übernommen. § 26 Abs. 1 UmwStG knüpft an § 6 UmwStG an. § 6 UmwStG gehört zum zweiten Teil des Umwandlungssteuergesetzes, der die steuerlichen Folgen des Übergangs des Vermögens einer Körperschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft oder eine natürliche Person regelt. Erhöht sich der Gewinn der übernehmenden Personengesellschaft oder der übernehmenden natürlichen Person dadurch, daß der Vermögensübergang zum Erlöschen von Forderungen und Verbindlichkeiten oder zur Auflösung von Rückstellungen führt, so darf die Übernehmerin nach § 6 Abs. 1 UmwStG eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage ist nach § 6 Abs. 2 UmwStG in den folgenden drei Wirtschaftsjahren mit mindestens je einem Drittel aufzulösen.
Rz. 3
Wenn die Übernehmerin den auf sie übergegangenen Betrieb innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft einbringt oder ohne triftigen Grund veräußert oder aufgibt, so entfällt die Anwendbarkeit von § 6 UmwStG nach § 26 Abs. 1 UmwStG rückwirkend. Bereits erteilte Steuerbescheide, Steuermeßbescheide, Freistellungsbescheide oder Feststellungsbescheide sind nach § 26 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zu ändern, soweit sie auf der Anwendung von § 6 UmwStG beruhen.
2.2 Zweck von § 26 Abs. 1 UmwStG
Rz. 4
Der Zweck von § 26 Abs. 1 UmwStG läßt sich nur unvollkommen aus den Materialien zur voraufgegangenen Vorschrift des § 24 UmwStG 1969 entnehmen. Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Gesetzgeber nicht nur dann eine mißbräuchliche Gestaltung für gegeben erachtet, wenn ein durch Umwandlung erworbener Betrieb wieder in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird binnen fünf Jahren, sondern auch dann, wenn der Betrieb binnen dieser Frist von der übernehmenden Personengesellschaft oder der natürlichen Person ohne triftigen Grund veräußert oder aufgegeben wird. Die Steuervergünstigungen sollen offensichtlich bei einem nur kurzfristigen Wechsel der Organisationsform entfallen. In den vorstehenden Fällen sieht der Gesetzgeber das Ziel der Umwandlung nicht in einer Unternehmensneuordnung, sondern allein in einer Steuerersparnis, Diss. Marburg 1973, 10).
Rz. 5
Die Vorschrift des § 26 Abs. 1 UmwStG bzw. die entsprechenden voraufgegangenen Regelungen sind immer wieder kritisiert worden. Das Tatbestandsmerkmal "ohne triftigen Grund" erscheint als zu unbestimmt. Während gut beratene Unternehmer einen triftigen Grund für ihre vorzeitige Betriebsveräußerung oder -aufgabe finden werden, werden phantasielose Unternehmer am ehesten ein Opfer der Finanzverwaltung.
2.3 Auslegung der Begriffe "Betrieb", "Einbringen" und "Veräußerung"
Rz. 6
Bei der Auslegung der Begriffe des § 26 Abs. 1 UmwStG läßt sich auf Rechtsprechung und Äußerungen der Verwaltung zur Vorgängervorschrift des § 24 UmwStG 1969 zurückgreifen.
Rz. 7
Der Begriff des "Betriebs" i.S. von § 26 Abs. 1 UmwStG ist nach BFH (v. 13.12.1989, I R 118/87, BStBl II 1990, 474) ebenso auszulegen wie der Begriff des Betriebs i.S. von § 16 EStG. Eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs liegt vor, wenn der Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen gegen Entgelt in der Weise übertragen wird, daß der Betrieb als wirtschaftlicher Organismus fortgeführt werden kann. Gegenstand einer Betriebsübertragung sind die Wirtschaftsgüter, die die wesentlichen Grundlagen der unternehmerischen Tätigkeit bilden (BFH, a.a. O.).
Einem Betrieb i.S. von § 26 Abs. 1 UmwStG läßt sich ein Mitunternehmeranteil nicht gleichstellen. Der BFH läßt in der vorstehenden Entscheidung dahinstehen, ob eine Betriebsveräußerung zwar nicht bei der entgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils, wohl aber dann anzunehmen ist, wenn sämtliche Mitunternehmer ihre Anteile an der Personengesellschaft innerhalb der Fünfjahresfrist entgeltlich übertragen. Nach Auffassung des BMF reicht es für eine Betriebsveräußerung aus, daß sämtliche Mitunternehmer innerhalb kurzer Zeit nacheinander ihre Anteile einbringen oder veräußern. Diese Auffassung erscheint zu weitgehend. Eine entsprechende Anwendung von § 26 Abs. 1 UmwStG wird sich nur dann bejahen lassen, wenn sämtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre sämtlichen Anteile aufgrund eines einheitlichen Entschlusses veräußern, nicht aber, wenn jeder Gesellschafter für sich allein, wenn auch innerhalb des Fünfjahreszeitraums, seinen Anteil überträgt. Denn es kann nicht angehen, daß der letzte Gesellschafter rückwirkend für alle anderen den Wegfall der Steuererleichterung auslöst.
Rz. 8
Eine "Einbringung" eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft i.S. von § 26 Abs. 1 UmwStG ist dessen Einlage mit oder ohne eine Gegenleistung. Sie umfaßt nicht nur die Einlage eines Betriebs gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile nach § 20 UmwStG, sondern auch den Formwechsel einer Personenhandelsgesellscha...