4.1 Allgemeines
Rz. 144
§ 21 Abs. 2 UmwStG ist aufgrund seiner Ausnahmen und Rückausnahmen schwierig zu lesen. Das Gesetz differenziert nach den Rechtsfolgen.
Rz. 145
Generell gilt nach § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG der Grundsatz der Wertverknüpfung. Dies bedeutet, dass der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft auf der Ebene des Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile gilt. Dies betrifft alle Fälle, mithin sowohl den einfachen Anteilstausch als auch den qualifizierten Anteilstausch mit und ohne Antrag der übernehmenden Gesellschaft.
Rz. 146
Abweichend hiervon gilt nach § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG grundsätzlich immer der gemeine Wert als Veräußerungspreis und Anschaffungskosten auf der Ebene des Einbringenden, wenn entweder das Besteuerungsrecht an den erhaltenen oder an den eingebrachten Anteilen beschränkt oder ausgeschlossen wird. Unstreitig können von dieser Ausnahmeregelung nur Fälle mit Auslandsbezug betroffen sein.
Rz. 147
Unklar ist nach der hier vertretenen Auffassung, ob S. 2 aufgrund der Formulierung "abweichend" nur die Fälle erfasst, in denen sonst ein anderer Wert als der gemeine Wert als Veräußerungspreis und Anschaffungskosten gelten würde. Falls ja, würde sich S. 2 nur auf die Fälle des qualifizierten Anteilstauschs beziehen, in denen die übernehmende Gesellschaft einen Antrag auf den Buch- oder Zwischenwertansatz gestellt hat.
Rz. 148
Für die isolierte Anwendung des S. 2 ist diese Frage zwar ohne Bedeutung. Bedeutung erlangt sie jedoch für den Anwendungsbereich des S. 3, da es sich bei den von S. 3 erfassten Sachverhalten aufgrund der Bezugnahme auf S. 2 ("in den Fällen des Satzes 2") um Unterfälle des S. 2 handelt und es sich bei S. 3 nicht um eine echte Rückausnahme, sondern um eine Ausnahme von der Ausnahme handelt. Denn sofern die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG erfüllt sind, gilt nicht wieder die Grundregel des § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG, namentlich die Wertverknüpfung, sondern es steht dem Einbringenden ein originäres Bewertungswahlrecht zu, das er unabhängig vom Bewertungswahlrecht der übernehmenden Gesellschaft ausüben kann.
4.2 Grundregel: Wertverknüpfung (§ 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG)
Rz. 149
Nach § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Dies gilt grundsätzlich sowohl für die Fälle des einfachen Anteilstauschs als auch für die Fälle des qualifizierten Anteilstauschs unabhängig davon, ob die übernehmende Gesellschaft den gemeinen Wert, oder auf Antrag den Buchwert bzw. einen Zwischenwert angesetzt hat.
Rz. 150
Unter Beachtung der Ausnahmeregelungen des § 21 Abs. 2 S. 2, 3 UmwStG reduziert sich der Anwendungsbereich der Wertverknüpfung jedoch im Ergebnis auf folgende Sachverhalte:
- einfacher Anteilstausch;
- qualifizierter Anteilstausch, sofern das deutsche Besteuerungsrecht weder an den erhaltenen noch an den eingebrachten Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt wird. Diese Voraussetzung ist insbesondere bei reinen Inlandseinbringungen ohne Auslandsbezug immer erfüllt, kann aber auch bei Einbringungen mit Auslandsbezug erfüllt sein, z. B. wenn die eingebrachten Anteile an einer inländischen GmbH tatsächlich zu einer inländischen Betriebsstätte einer im Ausland ansässigen übernehmenden Gesellschaft gehören.
Die deutsche A-GmbH bringt ihre mehrheitsvermittelnde Beteiligung an der deutschen B-GmbH gegen Gewährung neuer Anteile in die österreichische C-GmbH ein. Die eingebrachte Beteiligung an der B-GmbH gehört tatsächlich zu einer inländischen Betriebsstätte der C-GmbH.
Es handelt sich zweifelsfrei um einen qualifizierten Anteilstausch i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG, sodass der übernehmenden Gesellschaft grundsätzlich das Bewertungswahlrecht zusteht.
Nach § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem die C-GmbH die eingebrachten Anteile in ihrer für deutsche Besteuerungszwecke aufzustellenden Betriebsstättenbilanz ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.
Die Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG ist nicht erfüllt, da weder das Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen noch das Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen beschränkt oder gar ausgeschlossen ist. Aufgrund des Betriebsstättenvorbehalts nach § 13 Abs. 3 DBA Österreich steht Deutschland weiterhin ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen zu. Dass die C-GmbH nur beschränkt steuerpflichtig i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG ist, ist keine Beschränkung i. S. d. § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG. Auch an den erhaltenen Anteilen an der C-GmbH steht Deutschland nach § 13 Abs. 5 DBA Österreich ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht zu, sodass auch hier im Vergleich zu dem Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen im Zeitpunkt vor der Einbringung keine Beschränkung oder gar ein Ausschluss des Besteuerungsrechts vorliegt.
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