4.3.1 Anwendungsbereich
Rz. 157
Nach § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG gilt abweichend von S. 1 für den Einbringenden grundsätzlich der gemeine Wert der eingebrachten Anteile als Veräußerungspreis der eingebrachten und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, wenn nach der Einbringung das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der eingebrachten und/oder der erhaltenen Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist.
Rz. 158
Unklar ist, wie die Formulierung "abweichend von S. 1" zu verstehen ist. Sie kann dahingehend verstanden werden, dass "abweichend von einem etwaigen Buch- oder Zwischenwert" der gemeine Wert anzusetzen ist, falls die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Damit würde § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG nur die Fälle erfassen, in denen ohne die Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG der Buch- oder ein Zwischenwert als Veräußerungspreis und Anschaffungskosten angesetzt würde. Dies wären nur die Fälle des qualifizierten Anteilstauschs, in denen die übernehmende Gesellschaft auf Antrag den Buch- oder einen Zwischenwert angesetzt hat. Dieser Auffassung ist (nur) auf den ersten Blick zuzustimmen, weil es in den Fällen, in denen bereits nach § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG der gemeine Wert anzusetzen ist, der Regelung des § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG nicht bedarf.
Rz. 159
Die Formulierung "abweichend von S. 1" kann aber auch dahingehend verstanden werden, dass ganz allgemein in allen Fällen "abweichend von der Wertverknüpfung" immer der gemeine Wert anzusetzen ist, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Rz. 160
Für die Anwendung des § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG ist die Beantwortung dieser Frage nicht von Bedeutung. Allerdings ergibt sich aus der Beantwortung dieser Frage eine Folgewirkung hinsichtlich des Anwendungsbereichs von § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG.
Rz. 161
Nach der hier vertretenen Auffassung wollte der Gesetzgeber mit der Formulierung "abweichend von S. 1" wohl zum Ausdruck bringen, dass in allen Fällen "abweichend von der Wertverknüpfung" immer der gemeine Wert anzusetzen ist, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Daher hätte der Gesetzgeber anstatt der Formulierung "abweichend von S. 1" besser die Formulierung "ungeachtet des S. 1" wählen sollen. Mit Bedeutung für § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG kann an dieser Stelle bereits festgehalten werden, dass S. 2 für alle Fälle gilt, sowohl für den einfachen Anteilstausch, als auch für den qualifizierten Anteilstausch mit und ohne Antrag der übernehmenden Gesellschaft auf Ansatz des Buch- oder eines Zwischenwerts.
4.3.2 Voraussetzungen
4.3.2.1 Allgemeines
Rz. 162
Unabhängig vom Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft gilt für den Einbringenden grundsätzlich der gemeine Wert als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der eingebrachten und/oder der erhaltenen Anteile ausgeschlossen oder beschränkt wird.
4.3.2.2 Ausschluss/Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts an den eingebrachten Anteilen
Rz. 163
Obgleich der Wortlaut "nach der Einbringung … ausgeschlossen oder beschränkt ist" auch anders verstanden werden könnte, scheint wohl unstreitig zu sein, dass es hier nicht um eine statische Betrachtung des Besteuerungsrechts nach der Einbringung, sondern vielmehr um eine vergleichende Betrachtung der Besteuerungsrechte vor und nach der Einbringung geht.
Rz. 164
Der Ausschluss ist die stärkste Form einer Beschränkung. Da es letztlich auf eine vergleichende Betrachtung des Umfangs der Besteuerungsrechte vor und nach der Einbringung ankommt, können die alternativen Beschränkungs-/Ausschlussmöglichkeiten in Beschränkungsstufen eingeteilt werden, sodass letztlich mittels einer vergleichenden Betrachtung geprüft werden kann, ob eine (stärkere) Beschränkung vorliegt.
Der Wechsel von einer Stufe zur nächsthöheren Stufe führt zu einer Beschränkung und mithin zum Ansatz des gemeinen Werts auf der Ebene des Einbringenden.
Rz. 165
Eine Beschränkung nach der zweiten Stufe besteht bereits dann, wenn eine abstrakte, d. h. ungeachtet des nationalen Steuerrechts anderer Staaten und ungeachtet der nicht von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen DBA, Anrechnungsverpflichtung existiert. Dies führt nach der hier vertretenen Auffassung insbesondere dazu, dass bei Dreieckssachverhalten immer auch dann eine Beschränkung in Form einer Anrechnungsverpflichtung besteht, wenn die Anteile funktional einer inl. Betriebsstätte einer ausl. Gesellschaft zuzurechnen sind.
Die in Deutschland ansässige A-GmbH bringt ihre mehrheitsvermittelnden Anteile an einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft in eine ausländische EU-/EWR-Kapitalgesellschaft ein. Die eingebrachten Anteile an der Drittstaaten-Kapitalgesellschaft gehören tatsächlich zu einer inländischen Betriebsstätte der ausländischen EU-/EWR-Kapitalgesellschaft.
Nach nationalem deutschen Steuerrecht unterliegt ein e...