Rz. 176
Das Bewertungswahlrecht des Einbringenden für einen qualifizierten Anteilstausch setzt voraus, dass
- entweder das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile im Vergleich zum deutschen Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen vor der Einbringung weder ausgeschlossen noch beschränkt ist (S. 3 Nr. 1) oder
- der Gewinn aus dem Anteilstausch aufgrund Art. 8 der Fusionsrichtlinie nicht besteuert werden darf (S. 3 Nr. 2) und
- der Einbringende einen Antrag stellt.
Rz. 177
Die erste Voraussetzung kann sich nur auf die Fälle des § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG beziehen, in denen das deutsche Besteuerungsrecht nur an den eingebrachten Anteilen und nicht auch bzw. nur an den erhaltenen Anteilen durch die Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt wurde. Die etwas schwer lesbare Gesetzesformulierung war wohl notwendig, um auch in den Fällen, in denen das deutsche Besteuerungsrecht nur an den erhaltenen Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt wurde und die Fusionsrichtlinie eine Steuerneutralität vorgibt, den treaty override gesetzestechnisch zu verankern.
Rz. 178
Im Ergebnis besteht das originäre Bewertungswahlrecht des Einbringenden mithin in folgenden drei Fallkonstellationen des qualifizierten Anteilstauschs:
- Ausschluss/Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts an den eingebrachten und an den erhaltenen Anteilen, aber Anwendung des Art. 8 der Fusionsrichtlinie (S. 3 Nr. 2), z. B. bei der Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen an einer französischen Kapitalgesellschaft durch einen in Deutschland Ansässigen in eine tschechische Kapitalgesellschaft;
- Ausschluss/Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts nur an den eingebrachten Anteilen, unabhängig von der Anwendbarkeit des Art. 8 der Fusionsrichtlinie (S. 3 Nr. 1, ggf. auch S. 3 Nr. 2), z. B. bei der Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen an einer französischen Kapitalgesellschaft durch eine in Deutschland ansässige Person in eine österreichische Kapitalgesellschaft;
- Ausschluss/Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts nur an den erhaltenen Anteilen, aber Anwendung des Art. 8 der Fusionsrichtlinie (S. 3 Nr. 2) z. B. bei der Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen an einer deutschen Kapitalgesellschaft durch eine in Deutschland ansässige Person in eine tschechische Kapitalgesellschaft.
Rz. 179
In den Fällen, in denen sowohl die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UmwStG als auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 UmwStG erfüllt sind, weil das Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird und weil der Anteilstausch nach Art. 8 der Fusionsrichtlinie nicht besteuert werden darf, handelt es sich vorrangig um einen Fall des § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UmwStG mit der Folge, dass im Zweifelsfall das erweiterte Besteuerungsrecht nach § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Hs. 2 UmwStG nicht zur Anwendung kommt.