Prof. Dr. Georg Schnitter
11.5.1 Allgemeines
Rz. 129
Die Buch- oder Zwischenwerte des übertragenen Vermögens können in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft nur insoweit angesetzt werden als
- sie Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person werden und sichergestellt ist, dass sie später der Besteuerung mit ESt oder KSt unterliegen,
- das Recht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei den Gesellschaftern der übernehmenden Personengesellschaft oder bei der natürlichen Person nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird,
- eine Gegenleistung nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht.
Rz. 130
Liegen die in § 3 Abs. 2 S. 1 UmwStG genannten Voraussetzungen insgesamt vor, hat die übertragende Körperschaft ein Wahlrecht zwischen Buch-, Zwischen- oder gemeinen Werten. Dabei stellt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 3 Abs. 2 S. 1 UmwStG der gemeine Wert in seiner Funktion als Obergrenze des Zwischenwertansatzes einen Teilbereich des Bewertungswahlrechts i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 1 UmwStG dar.
Rz. 131
Fehlt eine der in § 3 Abs. 2 S. 1 UmwStG genannten Voraussetzungen, ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen:
- Liegen die in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bzw. 2 UmwStG genannten Voraussetzungen nicht vor, sind die entsprechenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen, sodass insoweit ein Übertragungsgewinn entsteht.
- Liegen die in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG genannten Voraussetzungen nicht vor, müssen die Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter um den Betrag der anderen Gegenleistung aufgestockt werden. Damit gelten die Grundsätze für den Ansatz von Zwischenwerten.
Rz. 132
Die Voraussetzungen für den Ansatz des übergehenden Vermögens mit dem Buch- oder Zwischenwert sind für jeden Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft gesondert zu prüfen. Abzustellen ist auf die Beteiligungsverhältnisse zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung. Maßgebend insoweit ist die jeweilige Registereintragung.
Rz. 133 einstweilen frei
11.5.2 Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers und Sicherstellung der Besteuerung (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG)
11.5.2.1 Allgemeines
Rz. 134
Das Wertansatzwahlrecht setzt nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG voraus, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person werden und sichergestellt ist, dass sie später der Besteuerung mit ESt oder KSt unterliegen.
11.5.2.2 Betriebsvermögen
Rz. 135
Die übergehenden Wirtschaftsgüter müssen dem Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers zuzuordnen sein. Der Begriff "Betriebsvermögen" ist bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit identisch. Ob Betriebsvermögen vorliegt, richtet sich nach den Grundsätzen der §§ 13, 15 bzw. 18 EStG. Der Überführung in das Betriebsvermögen steht nicht entgegen, dass der übernehmende Rechtsträger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Unerheblich ist, ob das Betriebsvermögen im In- oder Ausland belegen ist. Insoweit als die übergehenden Wirtschaftsgüter nicht Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers werden, sind diese mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Geltung hat dies auch für einzelne Wirtschaftsgüter, die bei der übernehmenden, gewerblich tätigen natürlichen Person in das Privatvermögen übergehen.
Rz. 136
Dem Bewertungswahlrecht auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers steht es nicht entgegen, dass nach der Verschmelzung der übertragenden Körperschaft auf die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person die gewerbesteuerliche Erfassung der stillen Reserven nicht gewährleistet ist. Dies betrifft z. B. den Formwechsel einer Steuerberatungs-GmbH mit kraft Gesetzes gewerblichen Einkünften in eine Steuerberatungs-Personengesellschaft mit Einkünften nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ein allgemeiner gewerbesteuerlicher Entstrickungstatbestand besteht nicht. Zu beachten ist aber § 18 Abs. 3 UmwStG.
Rz. 137
Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft als übernehmender Rechtsträger kann bei gewerblicher Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Betriebsvermögen haben und damit Zielpersonengesellschaft i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG sein. Durch die gewerbliche Prägung wird das gesamte der Vermögensverwaltung dienende Vermögen der Personengesellschaft Betriebsvermögen. Gleiches gilt in den Fällen von § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EStG. Übt die Personengesellschaft u. a. auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wird deren gesamtes Vermögen grundsätzlich zu Betriebsvermögen. Keine Abfärbung auf die übrigen Einkünfte findet allerdings statt, wenn die gewerblichen Einkünfte als äußerst geringfügig anzusehen sind. Dies ist zu bejahen, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der originär gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und einen Betrag von 24.500 EUR im Vz nicht übersteig...