Prof. Dr. Georg Schnitter
4.2.1 Allgemeines
Rz. 49
Der übernehmende Rechtsträger hat nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwStG die auf ihn übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen. Diese Verpflichtung bezieht sich auf alle Wirtschaftsgüter, die in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft angesetzt worden sind. Hierbei ist es gleichgültig, ob die entsprechenden Wirtschaftsgüter bereits in früheren Steuerbilanzen der übertragenden Körperschaft oder ob sie erstmals im Rahmen der Schlussbilanz – z. B. als Folge einer Buchwertaufstockung – angesetzt wurden. Die Regelung erfasst nicht nur Wirtschaftsgüter, sondern auch sonstige Bilanzpositionen, z. B. Rechnungsabgrenzungsposten und Rücklagen.
4.2.2 Abfindungen an ausscheidende Gesellschafter
Rz. 50
Einem Gesellschafter, der formwirksam dem Verschmelzungsbeschluss des übertragenden Rechtsträgers widerspricht, steht nach den §§ 29 bis 31 und § 36 UmwG beim Ausscheiden ein Anspruch auf Barabfindung gegen den übernehmenden Rechtsträger zu. Diese Abfindungsverpflichtung ist nicht in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft zu berücksichtigen; vielmehr handelt es sich um Aufwendungen des übernehmenden Rechtsträgers, die mit der Anschaffung der von den ausscheidenden Gesellschaftern erworbenen Anteile im Zusammenhang stehen. Abfindungsleistungen stellen Anschaffungskosten der Beteiligung dar. Sie gehen nach § 5 Abs. 1 UmwStG in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses ein.
4.2.3 Aufsichtsratsvergütung
Rz. 51
Aufsichtsratsvergütungen unterliegen bei der übertragenden Körperschaft der Abzugsbeschränkung nach § 10 Nr. 4 KStG. Betreffen sie den Rückwirkungszeitraum und werden sie an Dritte gezahlt, handelt es sich um Betriebsausgaben der übertragenden Körperschaft, die nach § 2 Abs. 1 UmwStG grundsätzlich rückwirkend zum steuerlichen Übertragungsstichtag dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet werden. Sie stellen bei ihm abzugsfähige Betriebsausgaben in voller Höhe dar. § 10 Nr. 4 KStG ist nicht anzuwenden. Das Aufsichtsratsmitglied erzielt Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Entsprechendes gilt für Zahlungen an ausscheidende Gesellschafter. Ist der Empfänger der Aufsichtsratsvergütung zugleich Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft, ist diese seinem Gewinnanteil in voller Höhe nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG hinzuzurechnen. Eine etwaige Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a EStG hinsichtlich der Aufsichtsratsvergütung geht nach § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG auf den übernehmenden Rechtsträger über.
4.2.4 Ausländisches Vermögen
Rz. 52
Bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses ist das Auslandsvermögen einzubeziehen. Der übernehmende Rechtsträger hat auch insoweit die von der übertragenden Körperschaft angesetzten Werte fortzuführen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Auslandsvermögen der deutschen Besteuerung unterliegt oder nicht.
Rz. 53
Geltung hat dies auch in den Fällen, in denen durch die Verschmelzung hinsichtlich des Auslandsvermögens das Besteuerungsrecht Deutschlands erstmals begründet wird. Hat die übertragende Körperschaft eine steuerliche Schlussbilanz nach § 3 UmwStG aufzustellen, scheidet aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts der Ansatz des entsprechenden Auslandsvermögens nach § 4 Abs. 1 S. 8 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG mit dem gemeinen Wert aus. Anzuwenden ist § 4 Abs. 1 S. 8 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG allerdings, wenn die übertragende Körperschaft eine steuerliche Schlussbilanz für inl. Besteuerungszwecke nicht benötigt und auch nicht erstellt. Gleiches gilt in den Fällen, in denen es zu einer Verstrickung der übertragenen Wirtschaftsgüter erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag kommt.
Rz. 54
Hinsichtlich der Ermittlung des Übernahmeergebnisses ist § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG zu beachten. Danach sind übergehende Wirtschaftsgüter, soweit ein Gewinn aus der Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter beim übertragenden Rechtsträger nicht in Deutschland besteuert werden konnte, zwingend mit dem gemeinen Wert anzusetzen.