Prof. Dr. Georg Schnitter
9.1 Allgemeines
Rz. 204
§ 4 Abs. 6 UmwStG findet Anwendung, wenn das Übernahmeergebnis nach § 4 Abs. 4, 5 UmwStG negativ ist. Ein derartiger Übernahmeverlust zweiter Stufe liegt vor, wenn das positive oder negative Übernahmeergebnis erster Stufe auch nach Berücksichtigung der Bezüge nach § 7 UmwStG keinen Übernahmegewinn ergibt. Ein Übernahmeverlust, der auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als Mitunternehmerin der übernehmenden Personengesellschaft entfällt, wird nach § 4 Abs. 6 S. 1 UmwStG nicht berücksichtigt. Eine Ausnahme besteht nach § 4 Abs. 6 S. 2 UmwStG dann, wenn die Anteile an der übertragenden Körperschaft die Voraussetzungen nach § 8b Abs. 7, 8 S. 1 KStG erfüllen. In diesem Fall wird ein Übernahmeverlust bis zur Höhe des Dividendenteils berücksichtigt. Soweit ein Übernahmeverlust auf eine natürliche Person als Mitunternehmer der übernehmenden Personengesellschaft oder als übernehmenden Rechtsträger entfällt, wird er grundsätzlich i. H. v. 60 %, höchstens jedoch i. H. v. 60 % des als ausgeschüttet geltenden Dividendenteils berücksichtigt. Ein darüber hinausgehender Übernahmeverlust bleibt außer Ansatz. In den Fällen von § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG bleibt ein Übernahmeverlust stets außer Ansatz. Die Minderung des Übernahmeergebnisses erster Stufe um die Bezüge nach § 7 UmwStG führt im Regelfall zu einem Übernahmeverlust zweiter Stufe.
Rz. 205 einstweilen frei
Rz. 206
Bei dem Übernahmeverlust handelt es sich um einen laufenden Verlust. Er entsteht zum steuerlichen Übertragungsstichtag.
Rz. 207
Etwaige Bezüge nach § 7 UmwStG sind trotz eines Übernahmeverlusts nach den allgemeinen Regeln zu versteuern.
Rz. 207a
§ 4 Abs. 6 UmwStG ist verfassungsgemäß. Es liegt kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor; dieses wird jedoch tangiert, wenn § 4 Abs. 6 UmwStG dazu führt, dass Erwerbsaufwendungen ohne nachvollziehbare sachliche Rechtfertigung der Abzug versagt wird. Dann ist zu prüfen, ob wegen sachlicher Unbilligkeit von der Festsetzung oder Erhebung der Steuer nach den §§ 163, 227 AO abgesehen werden kann. Des Weiteren ist die Regelung hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit des Übernahmeverlusts auch mit der FRL vereinbar.
9.2 Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen (§ 4 Abs. 6 S. 1 bis 3 UmwStG)
Rz. 208
Ein Übernahmeverlust, der auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als Mitunternehmerin der übernehmenden Personengesellschaft entfällt, wird nach § 4 Abs. 6 S. 1 UmwStG nicht berücksichtigt. Die Korrektur erfolgt außerhalb der Bilanz.
Rz. 209
§ 4 Abs. 6 S. 1 UmwStG gilt i. V. m. § 8b Abs. 6 KStG auch, wenn die Körperschaft an der übertragenden Körperschaft mittelbar über eine Personengesellschaft (mehrstöckige Personengesellschaft) beteiligt ist. Über § 15 S. 1 Nr. 2 KStG ist § 4 Abs. 6 UmwStG in den Fällen der Organschaft entsprechend anzuwenden. Danach findet § 4 Abs. 6 UmwStG nicht bei der Organgesellschaft, sondern bei dem Organträger nach Maßgabe der für ihn geltenden Regelungen Anwendung. Eine Berücksichtigung des Übernahmeverlusts kommt insoweit nicht in Betracht, als die beteiligte Körperschaft die Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG im Ergebnis i. H. v. 5 % nach § 8b Abs. 1, 5 KStG versteuern muss.
Rz. 210
Eine Ausnahme vom Abzugsverbot nach § 4 Abs. 6 S. 1 UmwStG besteht nach § 4 Abs. 6 S. 2 UmwStG dann, wenn die Anteile an der übertragenden Körperschaft die Voraussetzungen nach § 8b Abs. 7, 8 S. 1 KStG erfüllen. Betroffen hiervon sind z. B. von Lebensversicherungsunternehmen i. S. d. § 8b Abs. 8 S. 1 KStG gehaltene Anteile an einer übertragenden Körperschaft. In diesem Fall wird ein Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 S. 3 UmwStG bis zur Höhe der Bezüge nach § 7 UmwStG berücksichtigt. Folge dieser Regelung ist, dass ein Übernahmeverlust, der niedriger als die Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG ist, in voller Höhe berücksichtigt wird. Ist er jedoch höher als die Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG, scheidet ein Abzug des die Bezüge übersteigenden Verlustanteils aus. § 4 Abs. 6 S. 2, 3 UmwStG ist anteilsbezogen anzuwenden, wenn die Anteile teilweise unter § 8b Abs. 7, 8 S. 1 KStG fallen und teilweise nicht. In diesen Fällen sind die Bezüge nach § 7 UmwStG nach dem Verhältnis der Nennwerte auf die jeweiligen Anteile aufzuteilen.