Prof. Dr. Georg Schnitter
9.4.1 Allgemeines
Rz. 213
Nach § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG bleibt ein Übernahmeverlust außer Ansatz, soweit bei der Veräußerung der Anteile an der übertragenden Körperschaft ein Verlust nach § 17 Abs. 2 S. 6 EStG nicht zu berücksichtigen wäre oder soweit die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten 5 Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden. Geltung hat § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG nur in den Fällen, in denen § 4 Abs. 6 S. 1 bis 5 UmwStG den Abzug von Übernahmeverlusten zulässt. Da der Ausschluss des Abzugs des Übernahmeverlusts in allen Fällen gilt, in denen der Übernahmeverlust an sich abzugsfähig wäre, wirkt § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG faktisch wie eine Umwandlungssperre für die ersten 5 Jahre nach dem Anteilserwerb. Die Regelung in § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG soll der Verhinderung von Missbräuchen gelten. Zu denken ist z. B. an Fälle, in denen der entsprechende Anteil von einem ausl. Vorbesitzer erworben wird, der insoweit angefallene Veräußerungsgewinn aber nicht der Besteuerung in Deutschland unterliegt.
Rz. 214
Die Anwendung von § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG ist anteilsbezogen zu prüfen. Es stellt sich die Frage, wie bei zusammengelegten Anteilen die Aufteilung in einen teilweise abzugsfähigen und in einen teilweise nicht abzugsfähigen Übernahmeverlust zu erfolgen hat, wenn ein grundsätzlich nach § 4 Abs. 6 S. 2 bis 5 UmwStG abzugsfähiger Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 S. 6 UmwStG nur anteilig zu berücksichtigen ist. Da der Übernahmeverlust in mehreren Rechenschritten zu ermitteln ist, muss differenziert werden. Bei der Ermittlung des Übernahmeverlusts sind die Anschaffungskosten bzw. Buchwerte der Anteile anteilsbezogen zuzuordnen. Die Aufteilung der übrigen Faktoren hat nach dem Verhältnis der Nennwerte der Anteile zu erfolgen.
Rz. 214a
Unabhängig von der Nichtberücksichtigung des Übernahmeverlusts und der vollen bzw. 60 %igen Besteuerung der Bezüge nach § 7 UmwStG hat der Anteilseigner seinen Mitunternehmeranteil nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwStG mit dem anteilig auf ihn entfallenden Kapital der übertragenden Körperschaft zu bilanzieren. Für die Erfassung der indirekt außer Ansatz bleibenden Anschaffungskosten in einer positiven Ergänzungsbilanz oder in einem Merkposten, um sie bei einer späteren Veräußerung zu berücksichtigen, besteht keine Rechtsgrundlage.
9.4.2 Von § 17 Abs. 2 S. 6 EStG betroffene Anteile (§ 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 1 UmwStG)
Rz. 215
§ 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 1 UmwStG erfasst die Fälle, in denen der Anteilseigner
- die Anteile innerhalb von 5 Jahren vor der Verschmelzung unentgeltlich erworben hat, es sei denn, der Rechtsvorgänger hätte den Verlust geltend machen können, oder
- die Anteile entgeltlich erworben hat und sie nicht innerhalb der gesamten letzten 5 Jahre zu einer Beteiligung nach § 17 EStG gehört haben. Dies gilt allerdings nicht für innerhalb der letzten 5 Jahre erworbene Anteile, deren Erwerb zur Begründung oder Aufstockung einer Beteiligung i. S. d. § 17 EStG geführt hat.
Rz. 216
Geltung hat § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 1 UmwStG nur für Anteile an der übertragenden Körperschaft i. S. d. § 17 EStG, die im Privatvermögen gehalten werden. Die Anteile müssen nach § 5 Abs. 2 UmwStG als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt gelten. Die Regelung gilt weder für Anteile i. S. d. § 5 Abs. 3 UmwStG noch für Anteile i. S. d. § 21 UmwStG a. F. i. V. m. § 27 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG i. V. m. § 5 Abs. 4 UmwStG a. F.
Rz. 217
Keine Anwendung findet § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 1 UmwStG bei der Einlage von Anteilen an der übertragenden Körperschaft i. S. d. § 17 EStG nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in das Gesamthandsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Dann liegt eine Anschaffung i. S. d. § 5 Abs. 1 UmwStG vor, nicht aber ein Anwendungsfall von § 5 Abs. 2 UmwStG. Für einen etwaigen Übernahmeverlust gilt § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG.
Rz. 218
Wurden die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten 5 Jahre vom Anteilseigner unentgeltlich erworben, ist § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 1 UmwStG nicht anzuwenden, wenn der Rechtsvorgänger den Verlust hätte geltend machen können. Da es nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 S. 6 Buchst. a EStG darauf ankommt, dass der unentgeltlich Übertragende anstelle des Rechtsnachfolgers den Verlust hätte geltend machen können, ist für die Anwendung dieser Altern...