1 Rechtsgrundlagen

 

Rz. 1

Das Umwandlungssteuergesetz vom 28.10.1994[1] ist als Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts erlassen worden und hat das UmwStG 1977 vom 6.9.1976[2] abgelöst. Es schließt eng an das handelsrechtliche Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994[3] an, in dem alle Rechtsgrundlagen für Umwandlungen zusammengefasst wurden.

[1] BStBl I 1994, 839.
[2] BGBl I 1976, 2641.
[3] BGBl I 1994, 3110.

2 Bedeutung und Systematik der Umwandlungen

2.1 Notwendigkeit zur Anpassung der Rechtsform

 

Rz. 2

Der Rechtsbegriff der Umwandlung bezeichnet Rechtsvorgänge, mit denen Verbände, in der Regel solche des Wirtschaftslebens, ihre Rechtsform ändern. Unter Verbänden sind Körperschaften und Personengesellschaften zu verstehen.

Umwandlungen in ihren verschiedenen Formen dienen dazu, die vorhandene Rechtsform den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Die Rechtsform eines Verbandes beruht regelmäßig auf der Entscheidung der Gesellschafter bei der Gründung dieses Verbandes und spiegelt daher die Sicht der Gesellschafter über die optimale Rechtsform für das wirtschaftliche Engagement zu diesem Zeitpunkt wider. Die Rechtsform ist innerhalb des dynamischen Wirtschaftslebens ein statisches Element, da eine einmal gewählte Rechtsform bis zu ihrer Änderung bestehen bleibt. Durch diese Statik kann die Rechtsform zu einem Hindernis für die Entwicklung des Unternehmens werden, weil sie sich nicht automatisch den sich ändernden wirtschaftlichen, aber auch rechtlichen, insbesondere steuerrechtlichen, Entwicklungen anpasst. Um die Unternehmen nicht durch ein starres, unveränderbares „Rechtskleid” in ihrer Entwicklung zu beschränken und im Extremfall dadurch sogar zu zwingen, aus dem Wettbewerb auszuscheiden, stellt das Handelsrecht, aber auch das Steuerrecht, Rechtsinstitute zur Verfügung, dieses Rechtskleid zu ändern und an die Entwicklung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse anzupassen.

Die Rechtsinstitute des Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrechts können aber auch dazu dienen, Konzernstrukturen zu schaffen und unübersichtlich gewordene Strukturen zu bereinigen, aber auch Konzerne oder Unternehmen aufzuspalten, z. B. zur Trennung von Gesellschafterstämmen.

 

Rz. 3

Umwandlungen sind daher ein bedeutsames Mittel zur Schaffung optimaler Strukturen in der Wirtschaft. Das Umwandlungsrecht ist damit ein wesentliches Teilgebiet eines allgemeinen Unternehmens-Organisationsrechts im weiteren Sinne, zu dem außerdem Teile des Konzernrechts, das Recht der Unternehmensverträge und die steuerliche Organschaft gehören[1].

 

Rz. 4

Die Praxis benötigt möglichst uneingeschränkte Umwandlungsmöglichkeiten. Grundsätzlich darf die Schaffung einer gewünschten Unternehmensstruktur nicht daran scheitern, dass eine entsprechende Umwandlungsmöglichkeit im geltenden Recht nicht vorgesehen ist. Das UmwG trägt diesem Anliegen Rechnung, indem nahezu ­unbegrenzte Umwandlungsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Rechtsformen, einschließlich Einzelunternehmen, geschaffen worden sind.

 

Rz. 5

Handelsrechtliche Umwandlungsmöglichkeiten bilden nur einen Teil der erforderlichen Regelungen; entsprechende steuerrechtliche Regelungen müssen hinzu kommen. Großzügige handelsrechtliche Umwandlungsmöglichkeiten sind nutzlos, wenn die an die Umwandlung anknüpfende steuerrechtliche Regelung zur Gewinnverwirklichung und Versteuerung der stillen Reserven führt und die dadurch entstehende Steuerbelastung prohibitiv wirkt. Das Steuerrecht kann so als „Umwandlungs- und Spaltungsbremse” wirken[2]. Ein sinnvolles Umwandlungsrecht erfordert daher ein aufeinander abgestimmtes Handels- und Steuerrecht. Das UmwG und das UmwStG sind trotz weiter bestehender Probleme im Einzelfall diesem Ideal sehr nahe gekommen.

[1] Vgl. insoweit zu einer Übersicht Herzig, DB 2000, 2236.
[2] Vgl. Herzig/Ott,DB 1989, 2033.

2.2 Zur Systematik der Umwandlungsvorgänge

 

Rz. 6

Der Begriff „Umwandlung” erfasst Vorgänge, bei denen bestehende Rechtsformen von Rechtsträgern geändert werden. Damit werden alle Vorgänge aus diesem Begriff ausgeschlossen, durch die ein Rechtsträger erstmals seine Rechtsform erwirbt, also vor dem Vorgang keine Rechtsform hatte („Gründung”), sowie alle Vorgänge, bei denen der Rechtsträger seine Rechtsform verliert, also nach dem Vorgang keine Rechtsform mehr hat („Liquidation”).

 

Rz. 7

Diese Begriffsbestimmung ist aber nur vordergründig eindeutig; tatsächlich lassen sich viele Vorgänge nicht ohne weiteres und eindeutig in das genannte Schema einordnen. So kann eine Kapital- oder Personengesellschaft liquidiert und ihr Vermögen als Sachauskehrung an den oder die Gesellschafter verteilt werden; dies wäre eine Liquidation, die außerhalb des Umwandlungsrechts stünde. Möglich ist aber auch, das Vermögen einer Körperschaft durch Verschmelzung auf den einzigen Gesellschafter zu übertragen; in ähnlicher Weise kann das Institut der Spaltung benutzt werden. Bei einer Personengesellschaft kann das Vermögen im Wege der Realteilung auf mehrere Gesellschafter übertragen werden. Diese Vorgänge würden vom Begriff der Umwandlung erfasst.

 

Rz. 8

Ebenso sind die Vorgänge bei der Gründung nicht eindeutig einzuordnen. Eine P...

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