Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Klaus Lindberg †
Rz. 171h
Als Sonderausgaben abziehbar sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG). Die Unterscheidung zwischen Renten und dauernden Lasten ist zugunsten des beide Formen umfassenden Begriffs "Versorgungsleistungen" aufgegeben worden. Versorgungsleistungen sind in voller Höhe abzugsfähig und müssen in voller Höhe versteuert werden. Eine Ermittlung des Ertragsanteils, die bisher bei Leibrenten erforderlich war, hat sich damit erledigt.
Besondere Verpflichtungsgründe können sich aus dem Gesetz, einem daraus folgenden Verwaltungsakt, einem Vertrag oder einer letztwilligen Anordnung ergeben. Regelmäßig werden die Vermögensübertragungen durch Vertrag vorgenommen. Eingeschränkt wird der Sonderausgabenabzug durch § 12 Nr. 2 EStG, da Unterhaltsleistungen nicht abziehbar sind und § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG im Einleitungssatz des § 12 EStG nicht genannt ist. Bisher hatte die Rspr. die Anwendung des § 12 Nr. 2 EStG unter dem Gesichtspunkt der vorbehaltenen Beträge eingeschränkt und nur in Ausnahmefällen bejaht. Dies gilt auch zukünftig, aber beschränkt auf die begünstigten Wirtschaftsgüter.
Rz. 171i
Die Versorgungsleistungen dürfen nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Dies folgt bereits aus dem Einleitungssatz des § 10 EStG, da es sich dann um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt. Bei der Veranlagung außer Betracht bleiben z. B. steuerfrei gestellte Einkünfte nach DBA oder dem anteiligen Abzug nach § 3 Nr. 40 EStG, § 3c EStG. Im Übrigen dürfte diese Voraussetzung nahezu bedeutungslos sein.
Rz. 171j
Es muss sich um lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen handeln. Lebenslang heißt somit bis zum Tod des Empfängers der Versorgungsleistungen. Die bisher zugelassene Ausnahme der abgekürzten Versorgungsleistungen ist damit nicht mehr zulässig. Die auf eine fest bestimmte Zeit (z. B. 10 Jahre) zu zahlenden wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Vermögensgegenstands sind nicht als dauernde Last abzuziehen, sondern nach den steuerrechtlichen Grundsätzen über entgeltliche Rechtsgeschäfte zu behandeln.
Wiederkehrende Bezüge sind gegeben, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit gezahlt werden (§ 22 EStG Rz. 18). Begnügt sich ein Ehegatte mit der Zuwendung laufender Zahlungen unter Verzicht auf seinen Pflichtteil und ähnliche Ansprüche (Zugewinn), liegt ebenfalls eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vor, wenn das übertragende Vermögen ausreichend ertragsreich ist und die Parteien wie vereinbart ihren Verpflichtungen nachkommen.
Rz. 171k
Die Versorgungsleistungen sind nur dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn ihr Empfänger unbeschr. einkommensteuerpflichtig ist. Zur Vermeidung hieraus folgender europarechtlicher Probleme hat der Gesetzgeber zugleich in § 1a EStG eine neue Nr. 1a eingefügt, mit dem ZKAnpG (Rz. 1j) aber wieder gestrichen, weil § 1a Abs. 1 EStG nach Änderung durch das ZKAnpG auf alle Vorschriften des § 10 Abs. 1a EStG verweist. Danach sind die Versorgungsleistungen auch dann abziehbar, wenn ihr Empfänger einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im EU-/EWR-Raum hat und die Besteuerung der Versorgungsleistungen im Wohnsitzstaat durch eine Bescheinigung der zuständigen ausl. Steuerbehörde nachweist (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b EStG).
Ab Vz 2021 sind die Versorgungsleistungen nur noch abziehbar, wenn der Leistende in seiner Steuererklärung die Id-Nr. (§ 139b AO) des Leistungsempfängers angibt. Die Regelung ist durch das JStG 2020 eingefügt worden.