2.1 Festsetzung durch eigenen Prämienbescheid/Bekanntgabe lt. JStG 2019
Rz. 2
Ursprünglich sollte lt. JStG 2019 die Mobilitätsprämie nach Ablauf des Kj. in einem Prämienbescheid festgesetzt werden. Der Anspruch auf Auszahlung der Mobilitätsprämie sollte mit Tatbestandsverwirklichung (§ 38 AO) entstehen und der Prämienbescheid ein selbstständiger Verwaltungsakt i. S. d. §§ 118ff. AO sein.
Die Mobilitätsprämie sollte im Rahmen des Abflussprinzips in dem Kj. anzusetzen sein, in dem sie angefallen war. Ihre Berücksichtigung sollte der Verwirklichung des objektiven Nettoprinzips dienen. Der Stpfl. hätte dabei die Pflicht gehabt, den Sachverhalt, insbesondere bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, die § 9a S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG unterfallen, hinreichend aufzuklären. Ihn sollte die objektive Beweislast der Feststellung für die, den Steueranspruch mindernde Tatsachen, treffen.
Rz. 3
Die Bekanntgabe des Prämienbescheids sollte nach § 122 Abs. 1 AO erfolgen. Für die Frage der Bestimmung des Bekanntgabezeitpunkts sollte nach § 107 EStG i. V. m. § 122 Abs. 2 AO im Zweifel davon ausgegangen werden, dass der i. d. R. schriftlich mit verschlossenem, einfachen Brief zugesandte Bescheid im Inland mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben angesehen werden kann.
Das FA sollte in Zweifelsfällen zum Nachweis des Zugangs des Prämienbescheids verpflichtet sein.
Ab dem Tag des Zugangs des Prämienbescheids sollte die Monatsfrist zwecks Einspruchs (§ 357 AO) beginnen zu laufen, lt § 108 AO, sodass die Frist sich bis zum Ablauf des nächstfolgenden Werktags verlängert hätte, wenn das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag gefallen wäre.
Der Widerruf des Prämienbescheids ist nach §§ 130, 131 AO möglich.
2.2 Auszahlung/Fälligkeit lt. JStG 2019
Rz. 4
Gem. § 105 S. 4 EStG a. F. hätte die Auszahlung der Prämie aus den Einnahmen der ESt erfolgen sollen. Dies hat impliziert, dass der Stpfl. dessen Einnahmen unter dem Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG liegen und der infolge dessen nicht zur Abgabe einer ESt-Erklärung verpflichtet ist, eine solche dennoch hätte erbringen müssen. Während der Stpfl. eine vollumfängliche ESt-Erklärung hätte abgeben musste, hätte er lediglich eine vergleichsweise niedrige Prämie von 14 % der Entfernungspauschale bekommen.
Rz. 5
Die Auszahlung sollte nach Ablauf der einmonatigen Frist nach Bekanntgabe des Prämienbescheids gem. § 105 S. 3 EStG a. F. fällig (§ 220 Abs. 1 AO) sein. Wäre die Auszahlung nicht innerhalb der einmonatigen Frist nach Bekanntgabe des Prämienbescheids vorgenommen worden, hätte der Stpfl. seinen Anspruch nach §§ 228ff. AO innerhalb der Verjährungsvorschriften geltend machen müssen.
Rz. 6
Der Auszahlungsbetrag war gem. § 46 Abs. 1 AO abtretbar und verpfändbar.
2.3 Festsetzung im ESt-Bescheid lt. JStG 2020
Rz. 7
Seitens der Finanzverwaltung wurde das gesonderte Prämienbescheidverfahren (Rz. 1ff.) als zu komplex und ineffizient eingestuft. Deshalb wurde im Rahmen des JStG 2020 v. 21.12.2020 das Verfahren derart geändert, dass eine Festsetzung der Mobilitätsprämie allein im ESt-Veranlagungsverfahren erfolgt.
Rz. 8
Auch wurde die weitere Technik des Verfahrens derart geändert, dass es nicht mehr zu einer gesonderten Auszahlung aufgrund des Prämienbescheids kommt, sondern vielmehr erfolgt eine Berücksichtigung im Wege der Anrechnung auf die ESt-Schuld (§ 105 Abs. 1 S. 3 EStG). Trotz der Anrechnung handelt es sich nach ausdrücklicher Anordnung in § 105 Abs. 1 S. 4 EStG um eine Steuervergütung. Dies ist im Hinblick auf ein etwaiges steuerstrafrechtliches Verhalten nach §§ 370ff. AO von Relevanz. Es trägt aber auch dem Umstand Rechnung, dass bei einer im Übrigen gegebenen ESt von Null, eine Steuervergütung in Form einer Zahlung an den Stpfl. erfolgt.
Rz. 9
Das Gesetz geht davon aus, dass die Mobilitätsprämie im Rahmen des LSt-Abzugsverfahrens in die Veranlagung einfließt. Für Fälle, in denen keine Pflichtveranlagung durchzuführen ist, sieht § 105 Abs. 2 EStG vor, dass die ESt im Rahmen der Festsetzung der Mobilitätsprämie auch dann mit Null EUR angesetzt wird, wenn sich im Einzelfall sonst eine positive ESt ergeben würde. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen das zu versteuernde Einkommen geringfügig unter dem Grundfreibetrag liegt und sich z. B. durch Lohnersatzleistungen bis zur Pflichtveranlagungsgrenze von EUR 410 eine festzusetzende ESt von mehr als Null EUR ergeben würde.