1.5.1 Allgemeines
Rz. 16
§ 10d EStG gilt für alle unbeschränkt Stpfl., ab Vz 2009 auch für beschr. Stpfl. Die Einschränkungen des § 50 Abs. 1 S. 2 EStG, wonach § 10d EStG nur anwendbar ist, wenn die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen und sich aus den Unterlagen ergeben, die im Inland aufbewahrt werden, ist durch das JStG 2009 v. 19.12.2008 aufgegeben worden.
Der Verlustabzug steht nur demjenigen Stpfl. zu, der den Verlust erlitten hat. Es muss Personenidentität mit dem Stpfl. bestehen, der den Verlustabzug geltend macht. Deshalb ist die Möglichkeit, den Verlustabzug vorzunehmen, nicht auf Dritte übertragbar, z. B. bei einer Betriebsveräußerung oder in Fällen vorweggenommener Erbfolge.
Rz. 17
Bei einer Mitunternehmerschaft ist die Gesellschaft selbst Subjekt der Einkunftserzielung, nicht aber Subjekt der ESt/KSt. Der Gesellschaftsverlust und der auf den Gesellschafter entfallende Verlustanteil werden einheitlich und gesondert festgestellt. Ob und in welcher Höhe der Verlust beim Gesellschafter abziehbar ist, entscheidet sich allein bei seiner ESt-Veranlagung im Rahmen der ihm zustehenden Höchstbeträge. Dieser Höchstbetrag steht dem Gesellschafter auch dann nur einmal zu, wenn er an mehreren Gesellschaften beteiligt ist.
1.5.2 Rechtsnachfolge
Rz. 18
Von der Nichtübertragbarkeit des Verlustabzugs auf Dritte ließen Rspr. und Finanzverwaltung eine Ausnahme in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge zu. Der Erbe konnte einen in der Person des Erblassers entstandenen Verlust, der bei diesem nicht ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden konnte oder sollte (vgl. zum Wahlrecht Rz. 45), im Vz des Erblassers bei der Ermittlung seines Gesamtbetrags der Einkünfte abziehen, soweit der Erblasser den Verlust noch hätte geltend machen können und soweit der Erbe den Verlust wirtschaftlich trägt.
Dies wurde damit begründet, dass der Erbe vollen Umfangs in die Rechtsposition des Erblassers eintrete (§ 1922 BGB, § 45 AO), wonach Erbe und Erblasser gedanklich eine Person bilden). Diese Auffassung der Rspr. ist zunehmend strittig geworden und hat zu einer weiteren Divergenzanfrage des XI. Senats geführt. Nachdem sowohl der I. als auch der VIII. Senat einer Abweichung nicht zugestimmt haben, hat der anfragende XI Senat mit der Absicht der Rechtsprechungsänderung den Großen Senat angerufen.
Rz. 19
Der Große Senat hat mit Beschluss v. 17.12.2007 die Vererblichkeit des Verlustabzugs endgültig verneint, wenn der Erbe den Verlust wirtschaftlich nicht getragen hat. Aus Vertrauensschutzgründen gilt dies erst für Todesfälle ab dem 13.3.2007 (Tag nach der Veröffentlichung des Beschlusses). Der Große Senat begründet seine Entscheidung mit der Personenbezogenheit der ESt, die eine Übertragung der Leistungsfähigkeit auf andere Personen und die Geltendmachung von Drittaufwand ausschließt. Der Übergang der Verluste kann weder auf zivilrechtliche noch auf steuerrechtliche Prinzipien, insbesondere nicht auf § 1922 BGB, § 45 AO gestützt werden. Die persönliche Steuerpflicht erstreckt sich auf die Lebenszeit einer Person, sie endet mit deren Tod. Erblasser und Erbe sind verschiedene Rechtssubjekte, denen ihre Einkünfte nach Maßgabe des objektiven und subjektiven Nettoprinzips jeweils getrennt zugerechnet werden. Die Finanzverwaltung wendet die neue Rspr. erst nach Ablauf des Tags der Veröffentlichung der Entscheidung im BStBl an. Den Verlust zu tragen bzw. durch ihn wirtschaftlich belastet zu sein, bedeutet nicht, dass es allein darauf ankommt, ob der Erbe rechtlich für Schulden des Erblassers in Anspruch genommen werden kann. Der Erbe muss vielmehr aufgrund der Verluste des Erblassers wirtschaftlich in seiner Einkommens- oder Vermögenssphäre belastet sein. Eine wirtschaftliche Belastung liegt nicht vor, wenn dem Erben aufgrund eines Verlustes des Erblassers lediglich ein geringes Vermögen zufällt.
Etwa anderes gilt zu KiSt-Zahlungen des Erben auf von ihm gezahlte ESt für Einkünfte des Erblassers. Diese Zahlungen kann der Erbe als Sonderausgaben abziehen.
Grundsätzlich kommen Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO nicht in Betracht.
Rz. 20
M. E. ist der Entscheidung des GrS mit dem Az. GrS 2/04 vollen Umfangs beizupflichten. Sie entspricht der an dieser Stelle langjährig vertretenen Auffassung.