2.2.1 Verlustrücktrag
2.2.1.1 Allgemeines
Rz. 41
Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Gesamtbetrag von 1.000.000 EUR, 2.000.000 EUR (Vz 2020 und Vz 2021: 10 Mio./20 Mio. EUR, Rz. 5b) bei zusammenveranlagten Ehegatten vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Vz vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen. Ist ein Abzug in diesem Vz nicht möglich oder gewollt (zum Wahlrecht Rz. 44, 46), erfolgt der Verlustvortrag.
Diese Regelung gilt ab Vz 1999. Der zweijährige Verlustrücktrag ist damit durch einen einjährigen Verlustrücktrag ersetzt worden.
Rz. 42
Ab Vz 2008 ist nach § 10d Abs. 1 S. 2 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte des Rücktragjahrs um die Begünstigungsbeträge nach § 34a EStG zu mindern. Nach § 34a Abs. 8 EStG dürfen negative Einkünfte nicht mit ermäßigt besteuerten Gewinnen i. S. d. § 34a Abs. 1 S. 1 EStG ausgeglichen werden, sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Hierdurch soll eine doppelte Begünstigung vermieden werden. Im Übrigen kann der Antrag auf ermäßigte Besteuerung im Verlustjahr nach § 34a Abs. 1 S. 4 EStG zurückgenommen werden, sodass dem Stpfl. der Verlustrücktrag nach § 10d EStG unmittelbar eröffnet wird.
Rz. 43
Verlustrücktrag und ermäßigte Besteuerung
Ein Verlustrücktrag von 2020 nach 2019 ist unzulässig. Nimmt der Stpfl. für 2019 den Antrag auf ermäßigte Besteuerung zurück, wird der Rücktrag zulässig.
Für alle nicht begünstigt besteuerten Einkünfte kann auch weiterhin ein Verlustrücktrag auf Antrag des Stpfl. durchgeführt werden. Nicht ausgeglichene Verluste gehen in den Verlustvortrag ein, d. h. nach dem obigen Beispiel, dass der Verlust 2020 nach 2021ff. vorgetragen wird.
Der Nachversteuerungsbetrag nach § 34a Abs. 6 EStG kann nicht in den Verlustabzug einbezogen werden, da er nicht zu den Einkünften zählt. Im Ergebnis werden Einkünfte bzw. der Teil der Einkünfte, für die bzw. den die Wahl der begünstigten Besteuerung getroffen wurde, endgültig aus der Verlustverrechnung ausgeschieden.
2.2.1.2 Reihenfolge
Rz. 44
Die Berücksichtigung erfolgt durch den Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen. Diese Regelung gilt ab Vz 1999 und stellt eine Änderung zum Rechtszustand bis Vz 1998 dar, wonach der Verlustabzug "wie Sonderausgaben" vom Gesamtbetrag der Einkünfte an letzter Stelle abgezogen wurde. Eine hieraus folgende Verschärfung der Rechtslage kann der Stpfl. aber regelmäßig durch Ausübung des Wahlrechts vermeiden.
Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Damit ergibt sich folgende Reihenfolge:
Gesamtbetrag der Einkünfte
./. |
Verlustabzug |
./. |
Sonderausgaben usw. |
= |
Einkommen des Rücktragsjahrs. |
Im Rücktragsjahr sind neben der Bestimmung des Gesamtbetrags der Einkünfte auch Aussagen zur Höhe des Verlustrücktrags zu treffen, da nur im Rücktragsjahr verbindlich darüber zu befinden ist, in welcher Höhe mit Blick auf die in diesem Vz verwirklichten Besteuerungsmerkmale ein Verlustrücktrag in Betracht kommt. Die Höhe dieser Beträge geht als Berechnungsgrundlage in den Feststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahrs ein, ohne dort selbstständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage zu sein. Der KSt/ESt-Bescheid des Verlustentstehungsjahrs hat keine Bindungswirkung für die Höhe des im KSt/ESt-Bescheid des Rücktragsjahr anzusetzenden Verlustrücktrags, da über Grund und Höhe des Verlustrücktrags ausschließlich im Rahmen der Veranlagung des Rücktragsjahrs entschieden wird. Für Verluste, die ab Vz 1994 nicht ausgeglichen werden können, ist dem Stpfl. durch das StandortsicherungsG v. 13.9.1993 auf Antrag ein Wahlrecht eingeräumt worden, den Verlustrücktrag in Anspruch zu nehmen, ihn nur teilweise in Anspruch zu nehmen oder ganz darauf zu verzichten. Dazu muss der Stpfl. gem. § 10d Abs. 1 S. 6 EStG im Antrag die Höhe des Verlustrücktrags angeben. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des wirklich Gewollten, ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Stpfl. denjenigen Rechtsbehelf in dem Umfang einlegen wollte, der seinem materiellen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft.
Durch diese Regelung kann der Stpfl. erreichen, dass sich Abzüge, die sich nach dem Verlustabzug ergeben, also Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Kinderfreibeträge und der Grundfreibetrag steuerlich auswirken, soweit eine entsprechende Einschränkung des Verlustabzugs vorgenommen wird. Selbst wenn es im Rücktragsjahr zu einer Steuerfestsetzung kommt, kann u. U. die Progressionswirkung eingeschränkt werden.
Das Wahlrecht, ganz oder teilweise von einem Verlustrücktrag abzusehen, kann nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheids über die...