3.1 Gewährung von Amts wegen – Antrag auf Wahlrecht

 

Rz. 59

Der Verlustabzug (Verlustrücktrag und Verlustvortrag) wird grundsätzlich von Amts wegen gewährt, eines Antrags des Stpfl. bedarf es seit Vz 1975 nicht mehr.[1]

Abweichend hiervon kann der Stpfl. auf die Inanspruchnahme des S. 1 ganz oder teilweise verzichten, soweit Verluste ab Vz 1994 nicht ausgeglichen werden können (vgl. Rz. 2). Zur Ausübung dieses Wahlrechts muss er einen Antrag stellen, ob und inwieweit er den Verlustrücktrag ausüben will, bzw. ob er auf den Verlustrücktrag verzichtet und allein den Verlustvortrag wählt.

Stellt der Stpfl. keinen Antrag, wird der Verlust nach Abs. 1 S. 1 von Amts wegen berücksichtigt.

Der Antrag kann bis zum Eintritt der Bestandskraft des aufgrund des Verlustrücktrags geänderten Bescheids gestellt werden, ggf. noch im Klageverfahren.[2] Vor dem BFH als Revisionsinstanz kann der Antrag nicht mehr gestellt werden. Wird der ESt-Bescheid des Rücktragjahrs gem. § 10d Abs. 1 S. 2 EStG geändert, weil sich die Höhe des Verlusts im Entstehungsjahr ändert, kann das Wahlrecht begrenzt auf den Erhöhungsbetrag neu ausgeübt werden (R 10d Abs. 3 S. 2 EStR 2012).

 

Rz. 60

Ein Arbeitnehmer muss zur Berücksichtigung eines Verlustabzugs nach § 10d EStG einen Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG stellen, sofern er nicht aus anderen Gründen zur ESt veranlagt wird. Hierzu ist die Abgabe einer ESt-Erklärung erforderlich. Bisher war der Antrag auf Veranlagung bis zum Ablauf des auf den Vz folgenden zweiten Kalenderjahrs zu stellen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG a. F.).

 

Rz. 61

Durch das JStG 2008 v. 20.12.2007[3] ist die Zwei-Jahresfrist rückwirkend ab Vz 2005 gestrichen worden, sodass für eine Veranlagung die Festsetzungsfrist von 4 Jahren gilt.

Erfolgt für einen Vz keine Veranlagung, kann der in diesem Vz berücksichtigungsfähige Verlustabzug nicht in einem anderen Vz geltend gemacht werden. Für den Vz der Verlustentstehung erfolgt jedoch keine Minderung des verbleibenden Verlustvortrags, soweit der Arbeitnehmer nach § 10d Abs. 1 S. 4 EStG auf den Verlustrücktrag verzichtet hat (R 10d Abs. 4 S. 2-4 EStR 2012).

3.2 Verfahrensmäßige Berücksichtigung des Verlustabzugs

 

Rz. 62

Liegt für das Rücktragsjahr noch kein Steuerbescheid vor, ist der Verlustabzug ohne Weiteres bei der erstmaligen Veranlagung vorzunehmen, wenn materiell-rechtlich ein Verlust abzuziehen ist, dessen Berücksichtigung vorher nicht möglich war, oder wenn der Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen ist.[1]

 

Rz. 63

Ist für den vorangegangenen Vz bereits ein ESt-Bescheid erlassen worden, ist er insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist (§ 10d Abs. 1 S. 3 EStG). Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid bereits bestandskräftig ist (§ 10d Abs. 1 S. 4 Halbs. 1 EStG) § 10d Abs. 1 S. 3, 4 EStG ist eine eigenständige Änderungsvorschrift, die den Änderungsvorschriften der AO vorgeht.[2] Änderbar ist daher jeder bereits erlassene ESt-Bescheid, ob er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (§ 164 AO), vorläufig ist (§ 165 AO) oder ansonsten gar nicht mehr änderbar wäre[3]

 

Rz. 64

Die Änderung bewirkt eine Durchbrechung der Bestandskraft der Höhe nach, sodass innerhalb des durch die Gewährung des Verlustrücktrags eröffneten punktuellen Änderungsrahmens materielle Fehler nach § 177 AO zugunsten und zuungunsten des Stpfl. berücksichtigt werden können, zugunsten aber nur, soweit andere materielle Fehler zuungunsten den Verlustabzug schmälern würden. Der Umfang des Änderungsrahmens bestimmt sich nach der steuermindernden Wirkung, die einträte, wenn zusätzlich zu den bisher ermittelten Besteuerungsgrundlagen der Verlustabzug berücksichtigt würde.[4]

Eine Kompensation materieller Fehler nach § 177 AO ist selbst dann noch zulässig, wenn wegen des dem materiellen Fehler zugrunde liegenden Sachverhalts bereits Verjährung eingetreten ist.[5]

 

Rz. 65

Im Rahmen der Änderung nach § 10d EStG können auch bereits ausgeübte Wahlrechte geändert (Zusammenveranlagung/Sonderabschreibungen, Anträge nach § 32d Abs. 4, 6 EStG) und Anträge erneuert werden. Das gilt bei Änderung des Veranlagungswahlrechts für Ehegatten ohne Beschränkung auf den Änderungsrahmen.[6] Die Änderung des Veranlagungswahlrechts setzt aber voraus, dass der Änderungsbescheid bestehen bleibt. Wird der die Wahl einer anderen Veranlagungsform ermöglichende Änderungsbescheid wieder aufgehoben, so wird damit die Ausübung des Wahlrechts gegenstandslos.[7]

 

Rz. 66

Ein etwaiger Änderungsbescheid ist in den Grenzen der Änderung (§ 351 Abs. 2 AO) mit jeder Begründung anfechtbar.

 

Rz. 67

Nach § 10d Abs. 1 S. 3 EStG kann auch ein bereits durchgeführter Verlustrücktrag wieder geändert werden, wenn sich bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustjahrs Änderungen ergeben, die zu einem höheren oder niedrigeren Verlustrücktrag führen. Da § 10d EStG eine ...

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