Prof. Dr. Georg Schnitter
11.1 Allgemeines
Rz. 157
Nach § 14 Abs. 1 S. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft Gewinne, die bei der Veräußerung oder Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erzielt werden. Entsprechendes gilt in den Fällen der Veräußerung oder Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils. § 14 Abs. 1 S. 1 EStG dient der Abgrenzung zwischen den laufenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG und den begünstigten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 14 EStG. Als Begünstigungen kommen in Betracht der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 oder 3 EStG. Veräußerungs- und Aufgabegewinne sind getrennt vom laufenden Gewinn zu ermitteln. Zu erfassen sind sie nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG in dem Kj., in dem sie entstanden sind.
Rz. 158
Hinsichtlich der Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns verweist § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 EStG auf die Regelungen zur Veräußerung und Aufgabe eines Gewerbebetriebs. § 16 EStG vervollständigt insoweit § 14 EStG. Bei der Verweisung auf § 16 EStG handelt es sich um eine dynamische Verweisung. Damit gelten alle § 16 EStG betreffenden Änderungen und Ergänzungen auch im Rahmen von § 14 EStG.
11.2 Ermittlung des Veräußerungsgewinns (§ 14 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 EStG)
11.2.1 Allgemeines
Rz. 159
Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb veräußert, ist ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Entsprechendes gilt in den Fällen der Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils. Veräußerungsgewinn ist nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG (§ 16 EStG Rz. 215ff.) jeweils der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Ergeben kann sich auch ein Veräußerungsverlust. Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit nach § 14 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 3 EStG (§ 16 EStG Rz. 226ff.) als laufender Gewinn.
Rz. 160
Der Veräußerungsgewinn ergibt sich aus einem Vermögensvergleich besonderer Art zum Zeitpunkt der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Damit enthält § 14 EStG eine eigene, die übrigen Gewinnermittlungsvorschriften jedoch nur ergänzende, von diesen dennoch unabhängige Vorschrift über die Ermittlung des land- und forstwirtschaftlichen Gewinns. Der Veräußerungsgewinn ist unabhängig davon, nach welcher Vorschrift der laufende land- und forstwirtschaftliche Gewinn zu ermitteln ist oder ermittelt wird, nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG zu ermitteln. Zu ermitteln ist der Veräußerungsgewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Es ist somit zwischen der Gewinnermittlung für das laufende Wirtschaftsjahr bis zum Zeitpunkt der Veräußerung und der Gewinnermittlung für den Veräußerungsvorgang zu unterscheiden. Die laufenden Betriebsvorgänge des letzten Wirtschaftsjahrs sind mit der Erstellung der Schlussbilanz abzuschließen.
Rz. 161
Der laufende land- und forstwirtschaftliche Gewinn ist nicht durch § 14 EStG begünstigt. Er muss vom Veräußerungsgewinn i. S. d. § 14 EStG abgegrenzt werden. Dabei gehören in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs stehende Erträge nicht zum laufenden, sondern zum begünstigten Gewinn.
Rz. 162
Buchführende Land- und Forstwirte müssen zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit zur Ermittlung des laufenden Gewinns eine Schlussbilanz erstellen (§ 6 Abs. 2 EStDV). Diese enthält auch die verbindlichen Ausgangswerte zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns. Für eine Teilbetriebsveräußerung gilt dies nicht. Der Wert des Betriebsvermögens des Teilbetriebs ist nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG zu schätzen.
Rz. 163
Auch nicht buchführende Land- und Forstwirte müssen den bei der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erzielten Gewinn nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG nach § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich ermitteln. Zu diesem Zweck müssen nicht buchführende Land- und Forstwirte fiktiv zum Bestandsvergleich übergehen. Auf den Veräußerungszeitpunkt ist eine fiktive Schlussbilanz aufzustellen. Zu den nicht buchführenden Land- und Forstwirten gehören neben Land- und Forstwirten mit Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) oder mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auch Land- und Forstwirte, bei denen der land- und forstwirtschaftliche Gewinn geschätzt wurde.
Rz. 164
Hat der Land- und Forstwirt den Gewinn bisher nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist anlässlich der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG überzugehen. Die wegen des Übergangs erforderlichen Hinzu- und Abrechnungen (R 4.6 Abs. 1 S. 3 EStR 2012) sind nicht beim ...