Prof. Dr. Georg Schnitter
11.2.4.1 Allgemeines
Rz. 187
Der Wert des veräußerten Betriebsvermögens ist nach § 14 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns neben den Veräußerungskosten vom Verkaufspreis abzuziehen.
Rz. 188
Zu ermitteln sind die für die Berechnung des Veräußerungsgewinns maßgebenden Buchwerte der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens auf der Grundlage der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter Berücksichtigung insbesondere von nachträglichem Herstellungsaufwand und AfA bis zum Tag der Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Im Einzelfall kann auch eine Schätzung der Buchwerte in Betracht kommen.
Rz. 189
Beim Übergang zum Betriebsvermögensvergleich ist davon auszugehen, dass von Bewertungswahlrechten, z. B. für Vieh und Feldinventar, kein Gebrauch gemacht wurde (R 14 Abs. 1 S. 6 EStR 2012). Gleiches gilt bei der Schätzung des Gewinns.
11.2.4.2 Besonderheiten
11.2.4.2.1 Grund und Boden
Rz. 190
Der Wert der zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücksflächen ist bei der Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs seit dem 1.7.1970 in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns einzubeziehen.
Rz. 191
Grundstücksflächen, die bereits zum 1.7.1970 zum Anlagevermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört haben, sind nach § 55 EStG zu bewerten. Die sich daraus ergebenden Buchwerte sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Zu beachten ist die Verlustklausel nach § 55 Abs. 6 EStG. Findet diese Anwendung, ist der Veräußerungspreis auf die Grundstücksflächen und die übrigen Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Als Buchwerte der Grundstücksflächen gelten für das Beitrittsgebiet die Verkehrswerte zum 1.7.1990.
Rz. 192
Für später erworbene Grundstücksflächen gelten die gemeinen Werte. Zu ermitteln ist der gemeine Wert nach den Grundsätzen der ImmoWertV. Ab dem 1.1.2022 gilt die ImmoWertV 2021. Sie löst die ImmoWertV 2010 ab.
11.2.4.2.2 Feldinventar bzw. stehende Ernte
Rz. 193
Das Feldinventar bzw. die stehende Ernte einer abgrenzbaren landwirtschaftlich genutzten Grundstücksfläche ist jeweils als selbstständiges Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens anzusehen. Feldinventar ist die aufgrund einer Feldbestellung auf einer landwirtschaftlich genutzten Grundstücksfläche vorhandene Kultur mit einer Kulturdauer von bis zu einem Jahr. Stehende Ernte ist der auf einer landwirtschaftlich genutzten Grundstücksfläche vorhandene Bestand an erntereifem Feldinventar.
Rz. 194
Die Wirtschaftsgüter Feldinventar bzw. stehende Ernte sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten einzeln zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG). Anstelle der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann bei einer Einzelbewertung unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG auch der niedrigere Teilwert zum Ansatz kommen. Für einzelne Wirtschaftsgüter jeweils einer Kulturart kann bei der Bewertung eine Gruppe gebildet werden. Für die Bewertung können entweder betriebsindividuelle Durchschnittswerte oder standardisierte Werte – z. B. BMELV-Jahresabschluss – zugrunde gelegt werden (R 14 Abs. 2 EStR 2012).
Rz. 195
Bei landwirtschaftlichen Betrieben kann zur Vereinfachung der Bewertung von einer Aktivierung der Wirtschaftsgüter des Feldinventars bzw. der stehenden Ernte abgesehen werden (R 14 Abs. 3 S. 1 EStR 2012). Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass in der Schlussbilanz des landwirtschaftlichen Betriebs für vorangegangene Wirtschaftsjahre oder bei einem Wechsel zum Betriebsvermögensvergleich bzw. bei einem Wechsel von der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zur Einnahmen-Überschussrechnung im Rahmen der Übergangsbilanz keine Aktivierung eines Wirtschaftsguts Feldinventar bzw. stehende Ernte vorgenommen wurde. Das gilt insbesondere auch bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge oder einem Strukturwandel von einem Gewerbebetrieb zu einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Die Vereinfachungsregelung kann nicht gesondert für einzelne Wirtschaftsgüter des Feldinventars bzw. der stehenden Ernte, sondern nur einheitlich, bezogen auf das gesamte Feldinventar bzw. die stehende Ernte eines landwirtschaftlichen Betriebs, angewendet werden. Das gilt auch dann, wenn sich der Umfang der Wirtschaftsgüter Feldinventar bzw. stehende Ernte ändert. Erfolgen kann dies z. B. durch den Erwerb oder die Zupachtung von Flächen (R 14 Abs. 3 EStR 2012).
Rz. 196 einstweilen frei
Rz. 197
Der Verzicht auf die Aktivierung des Feldinventars ist ein steuerliches Wahlrecht, das eine Billigkeitsentscheidung darstellt und auf § 163 AO beruht. Hat der Land- und Forstwirt von dieser Billigkeitsregelung Gebrauch gemacht, ist bei der Ermittlung des Veräuße...