Rz. 422
Für Sonderbetriebsvermögen gelten die gleichen Gewinnermittlungs- und Aufzeichnungsgrundsätze wie für "normales" Gesamthandsvermögen (Rz. 402). Es sind deshalb Bücher zu führen und Bilanzen zu erstellen. Fraglich ist aber, ob die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht insoweit die Personengesellschaft oder den einzelnen Mitunternehmer selbst trifft. Entgegen der Auffassung des BFH und der Finanzverwaltung wird man Letzterem folgen müssen. Eine Erweiterung der Buchführungpflicht der Personengesellschaft auf Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer ist nicht überzeugend, da sich diese Pflicht nach §§ 238ff. HGB nur auf ihr Eigenvermögen erstreckt. Eine Pflicht zur Bilanzierung von Sonderbetriebsvermögen lässt m. E. sich auch nicht aus § 141 AO ableiten, da diese Norm einerseits keinen sachlichen Umfang der Buchführung regelt und andererseits für Gesellschaften, die bereits nach §§ 238ff. HGB, § 140 AO buchführungspflichtig sind, gar nicht anwendbar ist. Richtigerweise ist die Rechtsgrundlage der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht in der Sonderbilanz §§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Da gerade § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als Zurechnungsadressaten aber den Mitunternehmer und nicht die Gesellschaft anspricht, kann auch nur dieser für die Erstellung der Sonderbilanzen verantwortlich sein.
Der Mitunternehmer ist im Ergebnis auch derjenige, dem die Ausübung steuerlicher Wahlrechte in der Sonderbilanz obliegt. Dabei ist es zutreffenderweise unschädlich, wenn Wahlrechte in der Sonderbilanz anders ausgeübt werden als in der Gesamthandsbilanz.
Rz. 423
Im Sonderbereich der Gesellschafter gelten im Verhältnis zur Gesamthandsbilanz die Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung. Dabei handelt es sich um ein "Bewertungsgebot der Höhe nach", d. h., sofern ein Aufwand oder Ertrag im Gesamthandsvermögen zu einer Sondervergütung beim Gesellschafter führt, ist in der Sonderbilanz der Höhe nach entsprechend dem Gesamthandsvermögen zu buchen, um den Effekt insgesamt – entsprechend dem Zweck des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG – zu neutralisieren. Als typisches Beispiel kann das Gesellschafterdarlehen dienen: Wird ein solches vom Mitunternehmer an seine Gesellschaft vergeben, stellt die Darlehensforderung gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG aktives Sonderbetriebsvermögen II dar, während auf Ebene der Gesellschaft ein entsprechender Passivposten zu bilanzieren ist. Gerät die Personengesellschaft in eine Krise, rechtfertigt dies möglicherweise eine Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG in der Sonderbilanz, wenn der Gesellschafter mit der vollständigen Erfüllung der Darlehensschuld nicht mehr rechnen muss. In der Gesamthandsbilanz ist der Passivposten gleichwohl zwingend zum Erfüllungsbetrag stehenzulassen (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung verbietet dem Gesellschafter nun die entsprechende Teilwertabschreibung, die Darlehensforderung ist auch in der Sonderbilanz in voller Höhe stehenzulassen.
Der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung gilt nach Auffassung der Rspr. nicht nur für die Außen-Personengesellschaften (OHG, KG, GbR, etc.), sondern auch für die Innengesellschaften (z. B. atypisch stille Gesellschaft). Dies ist zwar aus Gründen der Gleichbehandlung zutreffend, allerdings steuersystematisch "unrund", da Innengesellschaften – im Gegensatz zu den Außengesellschaften – grundsätzlich kein handels- und steuerrechtliches Betriebsvermögen bilden können. Vielmehr besteht die mit dem Sonderbetriebsvermögen korrespondierende Gegenverpflichtung (bzw. Gegenforderung) in der Bilanz des Handelsgewerbetreibenden (Prinzipal). Damit besteht die Geschäftsbeziehung des Mitunternehmers "de facto" mit dem Prinzipal und wird lediglich für steuerliche Zwecke als solche mit der Innengesellschaft fingiert. Sinn und Zweck der korrespondierenden Bilanzierung ist dagegen die Annäherung von Mitunternehmer und Einzelunternehmer. Deshalb erscheint es m. E. ebenso vertretbar, die korrespondierende Bilanzierung auf Innengesellschaften nicht anzuwenden, da die Situation wirtschaftlich eher mit einer Geschäftsbeziehung unter fremden Dritten bzw. mit einer Kapitalgesellschaft vergleichbar ist. In diesen Fällen besteht kein Anlass, das Ende der Innengesellschaft abzuwarten, bis ein entsprechender Verlust in der Sonderbilanz des Mitunternehmers realisiert werden kann.