Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
1.5.1 Einkünfteermittlung
Rz. 81
Im Hinblick auf die Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte ist zwischen der Ermittlung der laufenden Erträge des Kapitalvermögens i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG (z. B. Zinserträge) und der Ermittlung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG (z. B. Aktiengewinne) zu differenzieren. Für beide Arten der Einkünfteermittlung gelten im Verhältnis zu den Einkünften der anderen Einkunftsarten Besonderheiten.
Rz. 82
Die laufenden Erträge des Kapitalvermögens i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG ergeben sich als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG). Im Gegensatz zu den Einkünften der anderen Einkunftsarten ist bei den laufenden Erträgen der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen (§ 2 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG). An ihre Stelle tritt ein Sparer-Pauschbetrag i. H. v. 1.000 EUR, der als pauschalierte Werbungskosten bei der Ermittlung der laufenden Erträge zum Abzug zu bringen ist (§ 2 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 1 EStG). Nur in den Ausnahmefällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 und 3 EStG ist bei den laufenden Erträgen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG ein unbeschränkter Werbungskostenabzug möglich. Anders als bei den Einkünften der anderen Einkunftsarten findet bei den laufenden Erträgen auch das Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahren keine Anwendung (§ 3 Nr. 40 S. 2 i. V. m. § 20 Abs. 8 S. 1 EStG). Laufende Erträge, die der Stpfl. aus Beteiligungen an Körperschaften erzielt, sind daher in vollem Umfang in die Besteuerung einzubeziehen. Nur in den Ausnahmefällen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG kann der Stpfl. eine Anwendung des Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahrens bei den laufenden Erträgen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG herbeiführen.
Rz. 83
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Laufende Einnahmen aus Kapitalvermögen |
./. |
Sparer-Pauschbetrag |
= |
Laufende Erträge aus Kapitalvermögen |
Rz. 84
Der Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ergibt sich als Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung, nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten (§ 20 Abs. 4 S. 1 EStG). Je nachdem, ob die Einnahmen aus der Veräußerung die Aufwendungen, die in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und die Anschaffungskosten übersteigen oder umgekehrt, kann dieser Unterschied positiv (Gewinn im eigentlichen Sinn) oder negativ (Verlust) sein. Wie bei den laufenden Erträgen des Kapitalvermögens i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG ist auch bei den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen (§ 2 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG). Nur in den Ausnahmefällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG ist bei den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ein unbeschränkter Werbungskostenabzug möglich. Das Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahren findet bei den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG wie bei den laufenden Erträgen des Kapitalvermögens i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG keine Anwendung (§ 3 Nr. 40 S. 2 i. V. m. § 20 Abs. 8 S. 1 EStG). Eine Ausnahmeregel, die die Anwendung des Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahrens bei den Gewinnen aus Veräußerungen von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG erlauben würde, sieht das EStG nicht vor.
Rz. 85
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Einnahmen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen |
./. |
Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen |
./. |
Anschaffungskosten |
= |
Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalvermögen |
1.5.2 Verlustverrechnung
Rz. 86
Im Hinblick auf die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zwischen dem innerperiodischen Verlustausgleich i. S. d. § 2 Abs. 1 und 3 EStG und dem überperiodischen Verlustabzug i. S. d. § 10d Abs. 1 und 2 EStG zu differenzieren. Für beide Arten der Verlustverrechnung gelten im Verhältnis zu den Einkünften der anderen Einkunftsarten Besonderheiten.
Rz. 87
Beim innerperiodischen Verlustausgleich unterscheidet das EStG konzeptionell zwischen dem horizontalen Verlustausgleich, also dem Ausgleich von Gewinnen und Verlusten innerhalb einer Einkunftsart (§ 2 Abs. 1 EStG), und dem als vertikalen Verlustausgleich bezeichneten Ausgleich von Gewinnen und Verlusten zwischen den Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 EStG). Beim horizontalen Verlustausgleich sind die Verrechnungsverbote für Verluste aus stillen Gesellschaften (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG), Aktiengeschäften (§ 20 Abs. 6 S. 4 EStG), Termingeschäften (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG), Kapitalverlusten (§ 20 Abs. 6 S. 6 EStG) und Steuerstundungsmodellen (§ 20 Abs. 7 EStG) zu beachten. Eine Ausnahmeregel, di...