Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 252
Gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 S. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Gewinne aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 S. 2 EStG verpflichtet die Versicherungsunternehmen nach Kenntniserlangung von einer Veräußerung unverzüglich das Wohnsitz-FA des Stpfl. zu unterrichten und dem Stpfl. auf Verlangen die entrichteten Beiträge zu bescheinigen.
Rz. 253
Gegenstand eines Versicherungsvertrags ist die Verpflichtung eines Versicherungsunternehmens gegen Zahlung eines Entgelts ein bestimmtes Risiko durch eine Leistung abzusichern, die bei Eintritt des Versicherungsfalls zu erbringen ist. Ein Versicherungsvertrag kann als Renten- oder als Kapitalversicherung ausgestaltet werden. Bei einer Rentenversicherung besteht die vereinbarte Versicherungsleistung in der Zahlung einer Rente, wobei die Beteiligten ein Kapitalwahlrecht vorsehen können. Im Rahmen einer Kapitalversicherung verpflichtet sich der Versicherungsunternehmen zur Zahlung eines Kapitalbetrags, wobei ein Rentenwahlrecht vereinbart sein kann. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 S. 1 EStG erfasst nur Versicherungsverträge, die gegen biometrische Risiken absichern, im Rahmen derer für das Versicherungsunternehmen eine Risikotragung besteht und bei denen die zu leistenden Beiträge eine Sparleistung enthalten. Die Veräußerung anderer Versicherungsverträge wird nicht erfasst (Rz. 162ff.). Eine die Besteuerung nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 S. 1 EStG auslösende Veräußerung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an einen Dritten abtritt oder wenn ein Dritter selbst die Ansprüche aus der Versicherung durch Eintritt in den Versicherungsvertrag als Versicherungsnehmer übernimmt. Der bisher aufgelaufene und im Veräußerungspreis enthaltende Zinsanteil ist dabei weder als negative Einnahme aus Kapitalvermögen noch als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen. Vielmehr handelt es sich um einen Teil der Anschaffungskosten.
Rz. 254
§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 S. 2 EStG verpflichtet das Versicherungsunternehmen, nach Kenntniserlangung von einer Veräußerung unverzüglich Mitteilung an das für den Stpfl. zuständige Wohnsitz-FA zu machen. Die Mitteilungspflicht soll gewährleisten, dass die Besteuerung des Veräußerungsvorgangs durch die Finanzverwaltung tatsächlich durchgeführt und ein Vollzugsdefizit von vorneherein vermieden wird. Die Mitwirkungspflicht bedeutet für die Versicherungsunternehmen keinen unzumutbaren Aufwand, da ihnen der Wohnsitz des Stpfl. im Regelfall bekannt sein wird. Weiterhin verpflichtet § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 S. 2 EStG die Versicherungsunternehmen, auf Verlangen des Stpfl. eine Bescheinigung über die Höhe der entrichteten Beiträge zu erteilen. Diese Bescheinigung soll dem Stpfl. die Berechnung des Veräußerungsgewinns erleichtern. Hilfreich ist eine Bescheinigung insbesondere in Fällen, in denen dem Stpfl. entsprechende Unterlagen nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen, oder in denen der Stpfl. ein komplexes Kombinationsprodukt aus Lebens- und Zusatzversicherung veräußert hat.