Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 41
Die Verlustabzugsbeschränkung des § 2a Abs. 1, 2 EStG gilt nur für Betriebsstätten in Drittstaaten, für Drittstaaten-Kapitalgesellschaften und für Drittstaaten-Körperschaften."Drittstaaten" sind nach S. 1 Nr. 1 alle Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der EU sind. Mitgliedstaaten der EU sind daher niemals "Drittstaaten", ohne dass es darauf ankäme, ob zwischen dem Staat und der Bundesrepublik ein funktionierender steuerlicher Auskunftsverkehr besteht. Eine Bezugnahme auf den Auskunftsverkehr war gegenüber EU-Staaten überflüssig, da für alle EU-Staaten die Amtshilferichtlinie gilt und die Bundesrepublik unter dieser Richtlinie zwischenstaatliche Amtshilfe in Steuersachen in Anspruch nehmen kann.
Rz. 42
Nach § 2a Abs. 2a S. 2 EStG sind Staaten des EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein) den EU-Staaten gleichgestellt und damit keine "Drittstaaten", wenn zwischen der Bundesrepublik und dem jeweiligen Staat ein Auskunftsverkehr nach der Amtshilferichtlinie oder nach einer vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung stattfindet, aufgrund dessen die Finanzbehörden der Bundesrepublik die notwendigen Auskünfte über die Tätigkeit im Ausland erhalten, um § 2a EStG anwenden zu können. Die Auskünfte müssen sich also insbes. auf die Höhe und den Charakter (Art) der jeweiligen ausl. Einkünfte beziehen, sodass die deutschen Steuerbehörden prüfen können, ob und unter welchen Tatbestand des § 2a Abs. 1 EStG die Tätigkeit fällt, und ob der Ausnahmetatbestand des Abs. 2 erfüllt ist.
Rz. 43
Zweiseitige Vereinbarungen, aufgrund deren ein solcher Auskunftsverkehr besteht, sind insbesondere die DBA mit großer Auskunftsklausel. Die kleine Auskunftsklausel ist nicht ausreichend, da nach ihr nur Auskünfte zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgetauscht werden, nicht weitergehende Auskünfte zur Durchführung der Besteuerung. Da die Bundesrepublik mit Norwegen, Island und Liechtenstein entsprechende DBA abgeschlossen hat, gilt kein EWR-Staat als "Drittstaat".
Rz. 44
Da § 2a Abs. 1 EStG auch an die Begriffe "Drittstaaten-Körperschaft" und "Drittstaaten-Kapitalgesellschaft" anknüpft, sind diese Begriffe in Abs. 2a S. 1 Nr. 2 definiert. Hierunter fallen Körperschaften und Kapitalgesellschaften, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EU haben. Auch hier wird die Regelung unter den gleichen Voraussetzungen wie in Rz. 42f. auf Gesellschaften in EWR-Staaten ausgedehnt. Es genügt, dass sich Sitz oder Geschäftsleitung in einem der genannten Staaten befinden; der jeweilige andere Anknüpfungstatbestand kann sich in einem Drittstaat befinden.
Rz. 45
Ob die ausl. Gesellschaft eine Körperschaft oder eine Kapitalgesellschaft ist, richtet sich nach dem Typenvergleich. Die ausl. Gesellschaft muss also in ihren wesentlichen Merkmalen denen einer deutschen Körperschaft oder Kapitalgesellschaft entsprechen.
Rz. 45a
Obwohl einige der Tatbestände des § 2a Abs. 1 EStG in die Kapitalverkehrsfreiheit eingreifen, die auch für Drittstaaten gilt, z. B. Abs. 1 Nr. 4, 5 und 6, beschränkt § 2a Abs. 2a S. 2 EStG die Ausnahme von dem Abzugsverbot bei Bestehen eines Auskunftsabkommens auf EWR-Staaten. Dies stellt die Angemessenheit der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit infrage, da ein milderes Mittel die Inanspruchnahme bestehender ausreichender Auskunftsrechte wäre. Das Niedersächsische FG hat daher § 2a Abs. 2a S. 2 EStG in geltungserhaltender Interpretation auch auf Beziehungen zu Drittstaaten ausgedehnt.