2.1 Bedeutung des S. 1
Rz. 27
Nach § 31 S. 1 EStG wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung im gesamten Vz entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch Kindergeld nach Abschnitt X bewirkt..
Eine über den Kinderleistungsausgleich hinausgehende Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen gegenüber Kindern ist grds. ausgeschlossen. Denn Unterstützungsleistungen nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG setzen gem. § 33a Abs. 1 S. 4 EStG voraus, dass weder der Stpfl. noch eine andere Person einen Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag hat. Eine weitergehende Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG ist durch § 33a Abs. 4 EStG ausdrücklich versagt. Auch ausl. Familienbeihilfen schließen daher die Berücksichtigung von Auslandskindern nach § 33a Abs. 1 EStG aus.
Rz. 28
Im laufenden Kj. wird nur das Kindergeld monatlich als Steuervergütung (Rz. 40) gezahlt (S. 3). Dementsprechend entfällt die Berücksichtigung der Freibeträge beim LSt-Abzug (Rz. 43).
Rz. 29
§ 31 S. 1 EStG stellt die Beziehung zwischen den Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf) und zum Kindergeld (X. Abschnitt) her. Als steuerpolitischer Programmsatz ist die Regelung an sich überflüssig.
2.2 Existenzminimum des Kindes
2.2.1 Begriff des Existenzminimums
Rz. 30
Die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs durch das JStG 1996 geht auf die Rspr. des BVerfG zurück, wonach gem. Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde), Art. 3 GG (Gleichheitssatz, Leistungsfähigkeitsprinzip), Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) dem Stpfl. sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen werden muss, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein, d. h. zur Sicherung seines Existenzminimums, benötigt wird. Der existenznotwendige Bedarf bildet die Untergrenze für den steuerlichen Zugriff. Daraus folgt ferner, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss. Die Steuerfreiheit des Existenzminimums der Eltern sichert der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 EStG. Darüber hinaus muss das Existenzminimum der Kinder durch Berücksichtigung der Unterhaltslasten bei den Eltern gewährleistet sein. Für die steuerliche Berücksichtigung zwangsläufiger Unterhaltsverpflichtungen dürfen deshalb keine realitätsfremden Grenzen gezogen werden.
Rz. 31
Das durch die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern erhöhte Existenzminimum wurde in dem bis 1995 geltenden dualen System durch die Kinderfreibeträge und daneben durch das Kindergeld berücksichtigt (Rz. 3). Das gegenwärtige duale System gewährleistet dies durch die alternative Gewährung von Kindergeld oder Kinderfreibetrag (Rz. 5). Das BVerfG hat das duale System gebilligt. Es steht dem Gesetzgeber frei, die kindbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit entweder im Steuerrecht (durch Abzüge von der Bemessungsgrundlage) oder im Sozialrecht (durch Gewährung von Kindergeld) zu berücksichtigen bzw. beide Möglichkeiten zu kombinieren. So ist auch nach dem ab 1996 geltenden alternativen System (Kindergeld oder Kinderfreibeträge) bei der Prüfung, ob das Kindergeld eine ausreichende steuerliche Entlastung bietet, das Kindergeld in einen fiktiven Freibetrag umzurechnen und dieser mit dem sozialrechtlichen Existenzminimum zu vergleichen.
2.2.2 Höhe des Existenzminimums
Rz. 32
Der konkrete Maßstab, an dem die verfassungsrechtlich erforderliche Steuerfreistellung zu messen ist, wurde erst im Lauf der Jahre sukzessive entwickelt. In seiner Entscheidung zum Kindergeld hält es das BVerfG für zulässig, das Existenzminimum aus Praktikabilitätsgründen in einem einheitlichen Betrag anzusetzen, der nicht nach Altersgruppen oder Gebieten gestaffelt werden muss. Dieser Betrag kann sich nicht an dem individuellen, dem Status der einzelnen Familie entsprechenden bürgerlich-rechtlichen Unterhalt orientieren. Entscheidend sind vielmehr die verbrauchsbezogenen und regelmäßig den steigenden Lebenshaltungskosten angepassten Sozialhilferegelsätze. Aus den ländermäßig verschiedenen und nach dem Alter gestaffelten Regelsätzen ist ein Durchschnittssatz zu bilden. Diesem sind die durchschnittlich gewährten Sonderleistungen zuzuschlagen.
Rz. 33
Nach der Entscheidung des BVerfG zum Grundfreibetrag hängt das Existenzminimum von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf...