Michael Ferstl, Jochen Breitenbach
Rz. 32
Veräußerungsgewinne i. S. v. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen und Bruchteilen von Mitunternehmeranteilen des land- und forstwirtschaftlichen, freiberuflichen und gewerblichen Bereichs i. S. v. §§ 14, 14a, 16 und 18 Abs. 3 EStG. Hingegen sind Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften i. S. v. § 17 EStG mit Wirkung v. 1.1.2002 ganz aus § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG gestrichen worden (§ 52 Abs. 47 S. 2 i. V. m. Abs. 4a EStG a. F.). Diese Gewinne i. S. v. § 17 EStG sind vom halben durchschnittlichen Steuersatz i. S. v. § 34 Abs. 3 EStG schon ab 2001 ausgenommen (§ 52 Abs. 47 S. 3 EStG), da diese Steuervergünstigung den Veräußerern von Betrieben und Mitunternehmeranteilen vorbehalten bleiben soll (Rz. 22). Umfasst der Veräußerungsgewinn auch dem (ehemaligen) Halbeinkünfteverfahren unterliegende Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, so ist der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG entsprechend den Anteilen der Gewinne, die dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG unterliegen, und der Gewinne, die im Halbeinkünfteverfahren zu versteuern sind, am Gesamtgewinn aufzuteilen.
Rz. 32a
Auch ein Mitunternehmeranteil, nicht aber ein Teil eines Mitunternehmeranteils nach dem 31.12.2001 (§ 16 Abs. 1 S. 2 EStG) können steuerbegünstigt veräußert werden. Sofern Sonderbetriebsvermögen vorhanden ist, muss auch dieses zugleich mitübertragen werden. Wird entsprechend dem Zweistufenmodell ein Gesellschafter in das bisherige Einzelunternehmen zunächst nur mit einem kleinen Anteil und später in zeitlichem Zusammenhang mit einem zweiten, größeren Anteil aufgenommen, so werden die beiden Vorgänge bei einem einheitlichen Veräußerungsplan als einheitlicher und damit nicht tarifbegünstigter Veräußerungsvorgang betrachtet. Eine Ausnahme hiervon soll allerdings dann gelten, wenn seit der ersten Anteilsveräußerung mindestens ein Jahr vergangen ist und der Neugesellschafter sich zunächst auch nicht zu einem weiteren Anteilserwerb verpflichtet hatte.
Rz. 32b
Keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist gegeben, wenn ein Neugesellschafter bei seiner Aufnahme in die Personengesellschaft nicht an die Altgesellschafter zahlt, sondern eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen erbringt. Damit schafft der Neugesellschafter seinen Gesellschaftsanteil an.
Rz. 32c
Ein steuerbegünstigter Gewinn ist von einem nicht begünstigten laufenden Gewinn zu unterscheiden. Bei einem Leasingverhältnis über ein Flugzeug zählt auch der Gewinn aus dessen Veräußerung zum laufenden Gewinn, wenn die Vermietung und die Veräußerung vertraglich zu einem einheitlichen Geschäftsmodell verklammert sind.
Als laufenden Gewinn und damit nicht als begünstigten Veräußerungsgewinn i. S. v. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG hat der BFH den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nach § 89b HGB in ständiger Rspr. beurteilt, der nach dem Eintritt des Berechtigten in den Ruhestand entsteht. Dies gilt auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs des Handelsvertreters zusammenfällt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Ausgleichsanspruch auf den vor dem Vertragsende geleisteten Diensten beruht. Wohl aber kann die Ausgleichsleistung als Entschädigung nach § 24 Nr. 1 EStG unter Anwendbarkeit der Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 1 EStG beurteilt werden.
Rz. 33
Der Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG geht wesentlich weiter als sein Wortlaut: Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe einer der angeführten Wirtschaftseinheiten (§ 16 Abs. 3 S. 1 EStG). Dies gilt insbesondere auch für die Veräußerung und die Aufgabe eines Teilbetriebs und die Realteilung i. S. v. § 16 Abs. 3 S. 2 und 3 EStG oder für eine Betriebsaufgabe infolge des Fortfalls der Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung. Im Zeitpunkt der Veräußerung muss bereits ein funktionsfähiger Betrieb oder Teilbetrieb gegeben sein. Ob ein Betrieb aus mindestens 2 Teilbetrieben besteht, wie es eine Teilbetriebsveräußerung voraussetzt, ist im Wesentlichen eine Frage der tatrichterlichen Würdigung. Die Veräußerung eines Bruchteils eines Mitunternehmeranteils wurde bis 2001 unter § 16 und § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG subsumiert, sofern ein entsprechender Teil des Sonderbetriebsvermögens mit veräußert wird. Auf Veräußerungen nach dem 31.12.2001 sind § 16 und § 34 EStG mangels einer vollständigen Gewinnrealisierung nach § 16 Abs. 1 S. 2 EStG nicht mehr anwendbar. Stets handelt es sich um laufenden Gewinn. Eine begünstigte Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils ist jedoch anzunehmen, wenn der Gesamtanteil aufgeteilt und an 2 Erwerber im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang veräußert wird. Stets muss jedoch ein funktionsfähiger Betrieb bereits im Veräußerungszeitpunkt bestanden haben. Eine anlässlich einer Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung vorgenommene Auflösung einer Ansparrück...