Michael Ferstl, Jochen Breitenbach
Rz. 1
§ 34a EStG ist durch G. v. 14.8.2007 mit Wirkung ab Vz 2008 eingeführt worden (§ 52 Abs. 34 EStG). Einzel- und Mitunternehmern wird das Wahlrecht eingeräumt, mit ihren Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (Gewinneinkünfte) in vergleichbarer Weise wie Kapitalgesellschaften steuerlich belastet zu werden. Hierzu wird der nicht entnommene Gewinn des Betriebs bzw. Mitunternehmeranteils, soweit er im zu versteuernden Einkommen enthalten ist, bei der ESt einem Sondertarif i. H. v. 28,25 % zzgl. SolZ unterworfen. § 34a EStG ist eine Tarifvorschrift. Die als Steuerermäßigung ausgestaltete Regelung ist betriebs- und personenbezogen. Für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil ist gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung gegeben sind. Es erhält derjenige die Steuerermäßigung, der durch den Verzicht auf die private Verwendung von Gewinnen seinem Betrieb erwirtschaftetes Kapital weiterhin zur Verfügung stellt und damit die Eigenkapitalquote des Betriebs nachhaltig stärkt. Wird der begünstigte Gewinn in späteren Jahren entnommen, ist insoweit eine Nachversteuerung i. H. v. 25 % durchzuführen. Gleichzeitig verbleibt es bei der – lediglich in Einzelheiten modifizierten – GewSt-Anrechnung des § 35 EStG.
Rz. 1a
Über § 34a EStG soll eine Belastungsneutralität bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Einzelbetrieben sowie Personengesellschaften erreicht werden. Dies folgt einerseits aus der Wahl des Steuersatzes von 28,25 %, was der Belastung mit KSt i. H. v. 15 %, einer auf 3,5 % ermäßigten GewSt-Messzahl und einem durchschnittlichen GewSt-Satz von 400 % entspricht; andererseits aus der Höhe des Entnahmesteuersatzes von 25 %, der mit der Belastung der Ausschüttung durch die Kapitalgesellschaft mit der Abgeltungsteuer von 25 % nach § 32d EStG abgestimmt ist. Zugleich hat der Gesetzgeber die Erwartung, dass mittelfristig die Fremdkapitalquote der Unternehmen nachhaltig gesenkt wird.
Die Vorschrift ist extrem kompliziert und erfordert umfassenden Beratungsbedarf. Soweit eine Abschaffung der Vorschrift oder eine Fortentwicklung gefordert worden ist, schien dies lange Zeit kaum Aussicht auf Erfolg zu haben – trotz vielfach vorgebrachter Kritik. Beispielsweise beträgt die Steuerbelastung bei Thesaurierung nicht 29,80 %, sondern 36,16 %, da die nicht abziehbaren Betriebsausgaben, insbesondere solche nach § 4 Abs. 5b EStG, und notwendige Entnahmen für ESt und SolZ den begünstigungsfähigen Betrag nicht erhöhen.
Die Nachversteuerung erfolgt außerdem mit einem am Spitzensteuersatz ausgerichteten festen Steuersatz und führt zu einer hohen Gesamtbelastung. Sie rechnet sich daher für Stpfl., deren Grenzsteuersatz immer bei 45 % liegt, sodass weite Teile des Mittelstands von ihrer Inanspruchnahme ausgeschlossen sein sollen.
Nicht begünstigte Gewinne können schließlich erst nach Durchführung der Nachversteuerung entnommen werden und die Begünstigung findet bei Vorauszahlungen keine Anwendung, dass sie den begünstigungsfähigen Betrag mindern.
Im Rahmen der Einführung des Optionsmodells bei der KSt (§ 1a KStG i. d. F. KöMoG v. 25.6.2021) erhielten aber auch die Reformbetreibungen bei § 34a EStG neuen Auftrieb. In der Folge hat die Finanzverwaltung im November 2022 einen Evaluationsprozess zu § 34a EStG gestartet.
Rz. 1b
Verfassungsrechtlich ist die Vorschrift m. E. nicht zu beanstanden. Zwar sind nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Gewinne und die Überschusseinkünfte von der Begünstigung ausgeschlossen und die Begünstigung entlastet überwiegend hohe Einkünfte, gleichwohl ist die Inanspruchnahme der Vorschrift ein Wahlrecht, sodass der Stpfl. die für ihn günstigste Regelung – Normalbesteuerung oder § 34a EStG – frei wählen kann. Darüber hinaus hat das BVerfG die unterschiedliche steuerliche Behandlung verschiedener Einkunftsarten, z. B. bei § 32c EStG a. F., gebilligt.
Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit liegt nach Ansicht des Schleswig-Holsteinischen FG nicht vor.