Rz. 79
Wird ein Depotübertrag mangels Mitteilung über dessen Unentgeltlichkeit (§ 43 EStG Rz. 121) als Veräußerung behandelt, so wird als Veräußerungspreis der niedrigste am Vortag der Übertragung im regulierten Markt notierte Börsenkurs angesetzt (§ 43a Abs. 2 S. 9 EStG). § 43a Abs. 2 S. 9 EStG i. d. F. des G. v.19.12.2008 hatte noch auf § 19a Abs. 2 S. 2 EStG verwiesen. Da § 19a EStG durch G. v. 7.3.2009 aufgehoben wurde, wurde in den § 43a Abs. 2 S. 9 EStG eine eigene Bewertungsregelung eingefügt.
Rz. 80
Der Börsenpreis eines Wertpapiers enthält nicht den für das Wertpapier zu zahlenden Stückzins. Um unerwünschte Gestaltungen zu vermeiden und die fingierte Veräußerung genauso zu behandeln wie die tatsächliche Veräußerung, gelten neben dem Börsenpreis auch die Stückzinsen als Einnahmen aus der Veräußerung. Entsprechend wurde S. 8 von § 43a Abs. 2 EStG durch G. v. 19.12.2008 geändert.
Bei dem die Wirtschaftsgüter aufnehmenden Kreditinstitut sind die Stückzinsen als negativer Kapitalertrag gem. § 43a Abs. 3 EStG zu berücksichtigen, sofern ein Verlustverrechnungsmechanismus für den neuen Gläubiger vorgehalten wird.
Rz. 81
Da nach § 20 Abs. 4 S. 1 EStG die unmittelbar mit der Veräußerung in Zusammenhang stehenden Kosten abgesetzt werden können und die Veräußerung aufgrund der Übertragung fingiert wird, ist auch der mit dem Depotübertrag verbundene Aufwand abziehbar. Dies wurde durch G. v. 19.12.2008 klarstellend in § 43a Abs. 2 S. 8 EStG ergänzt.
Rz. 82
Der niedrigste Kurs an einer deutschen Börse einschließlich XETRA-Handel am Tag der Übertragung steht für Wertpapierabwicklungsunternehmen erst am Abend des Übertragungstags fest. Der Übertrag muss jedoch vom Kreditinstitut zeitnah kapitalertragsteuerrechtlich abgewickelt werden. Aus Gründen der Praktikabilität ist es nach Auffassung der Finanzverwaltung zulässig, bei Depotüberträgen jeweils auf den Börsenkurs des Vortags der Ausbuchung abzustellen. Dies wurde nunmehr in § 43a Abs. 2 S. 9 EStG durch das G. v. 7.3.2009 redaktionell klargestellt.
Bei nicht an der Börse notierten Inhaberschuldverschreibungen ist auf den von der emittierenden Stelle festgestellten Wert abzustellen. Bei Investmentfonds ist der aktuelle Rücknahmepreis bzw. mangels eines solchen der Börsenpreis oder Marktpreis anzusetzen.
Rz. 83
Die übernehmende auszahlende Stelle hat ihrerseits als Anschaffungskosten den von der abgebenden Stelle ermittelten Börsenpreis zum Zeitpunkt der Einbuchung anzusetzen (§ 43a Abs. 2 S. 11 EStG). Für die Ermittlung des Börsenpreises gilt § 43a Abs. 2 S. 9 EStG entsprechend. Ermittelt die abgebende Stelle allerdings keinen Börsenkurs, weil sie dazu nicht verpflichtet ist, so ist eine Übernahme des Börsenkurses nicht möglich. Hieraus folgt, dass bei einem entgeltlichen Übertrag aus dem Ausland auf ein im Inland belegenes Depot eine Einbuchung mit dem Börsenkurs nicht vorgenommen werden kann. Denn das ausl. Institut ist keine auszahlende Stelle, die den KapESt-Abzug praktiziert. Bei einem entgeltlichen Übertrag aus einem ausl. Depot werden somit keine fingierten Anschaffungskosten eingebucht. Bei einem späteren Verkauf ist nach § 43a Abs. 2 S. 13 EStG zwingend die pauschalierte Bemessungsgrundlage anzuwenden. Der Nachweis der Anschaffungskosten durch Wertpapierkaufabrechnungen ist im KapESt-Abzugsverfahren zur Vermeidung von Missbräuchen nicht möglich. Eine Korrektur kann nur im Rahmen der Veranlagung zur ESt erfolgen.
Rz. 84
Kann bei einem als entgeltlich zu behandelnden Depotübertrag kein Börsenkurs ermittelt werden, so ist gem. § 43a Abs. 2 S. 10 EStG als Ersatzbemessungsgrundlage ein Wert i. H. v. 30 % der Anschaffungskosten anzusetzen. Liegen auch die Anschaffungskosten für das übertragene Wertpapier nicht vor, kann trotz fingierter Veräußerung kein Steuerabzug vorgenommen werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist in diesen Fällen wegen der fehlenden Bemessungsgrundlage für den KapESt-Abzug nur eine Meldung des Depotübertrags an das Betriebsstätten-FA des Kreditinstituts analog § 44 Abs. 1 S. 7ff. EStG notwendig.